Garret folgte der Krankenschwester ziemlich nervös. Er hoffte, dass Renee ihn nicht sehen wollte, weil es schlechte Nachrichten gab, oder sie sogar weiterbehandelt werden musste. Aber dieses Hoffen beruhigte ihn nicht oder nahm ihm etwas von seiner inneren Unruhe. Er hatte solche Besuche mit Maggie viel zu oft hinter sich bringen müssen, um sie mit guten Erinnerungen zu verbinden. Am Anfang ja, da hatte es Freude gegeben, vielleicht nicht gleich sofort, weil Abby und ihr Bruder nicht gerade geplant gewesen waren, und als sie dann auch noch erfuhren, dass sie Zwillinge bekamen... aber als der erste Schock vorrüber gewesen war, hatten sie sich gefreut. Und doch war jeder Arztbesuch mit Angst verbunden, etwas könnte nicht stimmen. Und auch wenn dem nie so gewesen war, wusste Garret, dass man sich dadurch leider nicht in Sicherheit wiegen durfte, konnte... aber daran wollte er jetzt nicht denken. Er musste für Renee da sein, falls etwas war, und sich nicht in eigenen, schlechten Erinnerungen gefangen halten.
Er schaffte es der Schwester dankbar zu zunicken, als sie ihm die Tür nach einem kurzen Klopfen geöffnet hatte und wieder ging.
Im Zimmer selbst war eine Schwester neben Renees Seite und ein Arzt sah auf, als er eintrat. Was die beiden genau gerade machten, konnte er nicht sehen. Und Renees Lächeln von der Liege aus, sollte ihn wohl beruhigen, aber irgendwie tat es das nicht. Woran das lag wusste Garret nicht einmal. Vielleicht einfach an dem ganzen Raum. Trotzdem versuchte er es zu erwidern und warf ganz automatisch Arzt einen Blick zum Ultraschallgerät, aber darauf war nichts mehr zu erkennen.
"Dr. Macy?," der Arzt stand auf und kam auf ihn zu und reichte ihm die Hand. Dabei war er ganz der Profi und ließ sich nichts davon anmerken, wie sehr er von der äußeren Escheinung Garrets erschrocken war. "Dr. Kelly. Ms Walcott wollte sie dabei haben, wenn ich sie untersuche."
"Oh Sie haben sie noch gar nicht..," irritiert sah Garret zu Renee, die mit dem Kopf schüttelte.
"Sie haben sich erst noch einmal um die Wunde gekümmert, Blut abgenommen, tausend unnötige Tests mit mir angestellt," seufzte Renee und klopfte dabei neben sich auf ein schmales Stück Liege, das frei war, damit sich Garret setzte. "Und ich dachte, dass hier würde dich mehr interessieren, als mir dabei zu zusehen, wie ich krampfhaft versuche keine Schmerzen zu zeigen..."
"Mich...," interessiert alles was dich angeht... ja, nur sagen konnte es Garret nicht. Zu viele Zeugen für seine gezeigte Schwäche und Emotionen... "Ja, sicher, interessiert es mich," sagte er stattdessen nur und trat neben Renees Seite. Setzen tat er sich nicht, aber er griff nach ihrer Hand, als Dr. Kelly nach dem Ultraschallgerät griff...
Renee schenkte ihm erneut ein kleines Lächeln, das er angespannt erwiderte, und dann ihre Hand ein wenig fester drückte. Sie würden das jetzt gemeinsam durchstehen und das wollte er ihr auch zu verstehen geben.
Während Dr. Kelly anfing das Ultraschallgerät vorzubereiten, um dann das Bild einzufangen, spürte Garret jedoch wie ihn die innere Anspannung fast um den Verstand brachte. Das er dabei Renees Hand zu stark drückte, bemerkte er erst, als sie überrascht leise stöhnte und ihre Hand aus seiner zog. Er murmelte ein verlegenes 'Entschuldigung', was sie wiederum mit einem 'Schon gut' abtat und dann sahen sie beide angespannt auf den Monitor. Renee mehr neugierig und völlig unwissend was sie zu sehen bekam, während Garrets nicht verlerntes Auge zumindest die dunkle Höhle der Gebärmutter von dem wichtigen trennen konnte. Renees früher Zustand war natürlich ungünstig, um irgendetwas über den Ultraschall festzustellen. Sie würden sich auf das Urteil des Arztes verlassen müssen. Dessen war sich Garret bewußt. Beruhigen würde es ihn nicht, aber er hoffte Renee würde das Vertrauen in den Arzt haben und sich von seinem Urteil beruhigen lassen.
Es vergingen ein paar bange Minuten, ehe der Arzt seine Geräte zurückzog, ausschaltete und sich dann mit einem Lächeln an die beiden wandte.
"Also... so wie es aussieht, ist alles in bester Ordnung, und ihre Sorgen waren völlig unbegründet. Ihr Kind sitzt fest, wenn ich das so ausdrücken darf. Aber in ihrem Körper Ms Walcott werden in nächster Zeit so viele Veränderungen stattfinden, dass sie wahrscheinlich aus ungewohnten Schmerzen, starke oder leichte, gar nicht mehr herauskommen. Und in ihrem Alter werden sie das auch nicht mehr so leicht wegstecken können. Deswegen verschreibe ich ihn auch etwas gegen ihre Übelkeit und Kopfschmerzen, das sich mit ihrer Schwangerschaft verträgt. Ansonten rate ich ihnen dringend sich ein wenig zu schonen und einen Gang, wenn nicht sogar zwei, tiefer zu schalten."
Garret hatte Mühe ein Grinsen zu unterdrücken, als der Arzt völlig zurecht und auch ganz fachlich auf Renees Alter anspielte ihr dabei allerdings das Gesicht abstürzte. Ja auch als Arzt musste man wohl aufpassen, was Mann zu Frau sagte. Aber Renee beschränkte sich darauf ein wenig lauter die Luft einzuziehen, um sich dann wieder auf die Worte des Arztes zu konzentrieren, die sie sehr beruhigten. Sie sah zufrieden und entsprechend entspannter zu Garret, musste aber feststellen, dass sein kleines Grinsen wieder verschwunden war und er leider alles andere war nur nicht entspannt. Machte der Arzt ihnen nur etwas vor? Hatte Garret mehr auf dem Bild gesehen, als sie und als sie der Arzt glauben lassen wollte? Oder lag es nur daran, dass er schon ein Kind verloren hatte, um wirklich beruhigt zu sein? War es am Ende sie, die Schuld daran war, dass er sich nicht entspannte, weil das hier möglicherweise das letzte Mal für die nächste Zeit sein würde, wo er hier an ihrer Seite stehen durfte, um sich so um sein Kind zu kümmern, wie er es sich wünschte? Sie bekam deswegen gleich wieder ein richtig schlechtes Gewissen, wurde aber vom Arzt abgelenkt, der ihr das Rezept reichte.
"Hören Sie wirklich auf meinen Rat, Ms Walcott. Und auf den Ihres Arztes. Machen Sie langsamer. Schonen Sie sich. Es kommt nur Ihrem Kind zu gute. Und Sie Dr. Macy kümmern Sie sich gut um die beiden. Zu zweit geht doch meist alles leichter," damit reichte er den beiden schon seine Hand und lief zur Tür. "Sie können sich wieder anziehen Ms Walcott. Wir sind fertig und falls Sie Dr. Macy nicht noch einen Arzt brauchen... können Sie gehen."
"Danke," sagte Garret ein wenig heißer, als er sich ausmalte wie es werden würde, wenn sie wieder in Boston waren. Renee auf sich alleine gestellt, damit er sich um seine Probleme kümmern konnte... das gefiel ihm überhaupt und während Renee mit Hilfe der Schwester von der Liege aufstand legte er sich schon ein paar Worte zurecht. Er wartete nur noch den Moment ab, an dem sich die Schwester auch verabschiedet hatte und trat an den Wandschirm, hinter dem Renee veschwunden war. So richtig wusste er dann doch nicht, wie er anfangen sollte, darum räusperte er sich leise, aber da kam ihm Renee zuvor.
"Hat uns der Arzt angelogen, Garret," fragte Renee besorgter, als sie sein wollte und zog den Reißverschluss an ihrem Rock zu. "War da mehr? Oder können wir uns entspannen?"
"Du kannst ganz beruhigt sein, Renee. Er hat genau das gesagt, was ich auch auf dem Monitor gesehen habe. Alles in Ordnung."
"Also können wir entspannen. Wieso bist DU nicht entspannt?", Renee schloß die Knöpfe ihrer Bluse, zog sie straff und steckte sie in den Rock, ehe sie nach ihren Schuhen griff.
"Ich? Ich bin entspan.. nein bin ich nicht," seufzte er leise. "Ich kann mich bei der Sache nicht entspannen, dass kannst du dir doch denken. Ich hab bereits ein Kind verloren, ich weiß wie schnell dieheile, sichere Welt einstürzen kann. Ich würde mich gerne freuen, aber das geht nicht. Und darüber hinaus, wie soll ich mich entspannen, wenn dir jeder Ruhe empfiehlt und ich dir dabei helfen soll, du mich aber im Moment nicht in deinem Leben willst?"
"Oh Garret, ich möchte dich in meinem Leben," seufzte Renee, schlüpfte in ihre Schuhe und trat hinter dem WAndschirm hervor. "Das weißt du. Mehr als alles andere in der Welt. Aber es geht zu dem momentanen Zeitpunkt einfach nicht. Ich dachte du hättest das eingesehen? Löse deine Probleme, dann kannst du zu mir zurück. So einfach ist das. Ich weiß, dass ich es mir deswegen schwerer mache als ich mü...," Renee brach ab, als es an der Tür klopfte und kurz darauf zögernd Abby ihren Kopf hereinsteckte und die beiden als sie sie entdeckte, erleichtert anlächelte.
Und erleichtert war Abby. Sie wäre wohl vor Scham gestorben, wenn Renee noch untersucht worden wäre. Aber so war das alles sehr viel besser, als vorgestellt. "Hey... seid ihr fertig oder wartet ihr noch auf den Arzt?"
Renee versuchte nicht all zu laut neben Garret frustriert durchzuatmen. Auf Abbys perfektes Timing war aber auch einfach immer verlass! Dieses Gespräch hier wäre wichtig gewesen, aber mit Abbys Auftauchen war der ruhige, private Moment auch schon wieder vorbei und sie konnte jede kleine Ansprache an Garret komplett vergessen. Darum griff sie auch schon nach ihrer Handtasche und ging zu Abby an die Tür, um sie ganz zu öffnen. "Wir sind fertig, Abby. Der Arzt ist gerade gegangen und wir können von mir aus wieder fahren."
Abby trat ein bisschen erstaunt wegen Renees zwar gewohnter, aber für heute sehr ungewohnten Ruppigkeit zur Seite und ließ sie an sich vorbei auf den Flur treten. Sie sah dabei irritiert mit einem 'was hab ich falsch gemacht'-Blick zu Garret und war ein wenig sprachlos, ehe sie sich wieder an ihren Plan erinnerte und zwischen dem Türrahmen stehend die beiden abwechselnd ansah, die ein auf dem FLur, den anderen noch immer ZImmer. "Eigentlich wollten .. wollte ich nachsehen, ob alles in Ordnung ist. Ich, wir, haben usn ein bisschen Sorgen gemacht. Ist denn alles in Ordnung?", vielleicht war ja gar nichts in Ordnung und sie hatte gestört? Aber sehr unglücklich wirkten die beiden nicht. Gut, Dad schon, Renee war eher genervt, aber traurig in Form von schlechten Nachrichten schien niemand zu sein. Dafür war Abby ein bisschen erleichtert, als Renees genervter Blick weicher wurde und sie sie fast entschuldigend anlächelte, als sie nickte und dabei war sich Renee durchaus bewußt, wie unklug sie sich eben verhalten hatte. Sie hatte so fest vorgehabt Abby gegenüber weder ungeduldig zu sein, noch ihr sonst irgendwie zu spüren zu geben, dass sie je störte, oder ungelegen kam... aber das war immer leichter geplant als umgesetzt. Aber es freute sie, dass sich Abby dafür interessierte... dabei spielte es keine Rolle, ob sie sich dabei auf das Baby bezog, oder gar auf sie oder auf beide.
"Es ist alles in Ordnung. Laut Garret und laut dem Arzt. Ich bin doppelt abgesichert und keiner braucht sich Sorgen zu machen. Dem Kind geht es scheinbar gut."
"Ja, wenigstens einem von uns dreien," sagte Garret mit einem leisen Seufzen und trat schließlich auch an Abby vorbei auf den Flur, unschlüssig wie er sich Renee gegenüber verhalten sollte. Sie hatte ihn mit ihrer Rede in der HÜtte über Trennung und Abstand ganz gewaltig durcheinander gebracht. Normalerweise hätte er vielleicht eine Hand um ihre Hüfte gelegt, oder ihr zumindest eine Hand in den Rücken gelegt... aber jetzt stand er nur da und fühlte sich völlig überflüssig und vor allem sehr unnütze. "Wartet Maggie noch?"
"Oh ja, sicher. Im Wartebereich," sagte Abby und fühlte sich auch nicht mehr ganz so entspannt, wie Renees Antwort vielleicht mit sich hätte bringen müssen. "Gehen wir?"
"Sicher," nickte Renee und sammelte sich einen kurzen Moment, weil ihre Wunde wieder mehr schmerzte als vorhin. Sicher ließ ads Schmerzmittel nach. "Gehen wir?"
Garret nickte und legte dann doch, wenn auch sehr unsicher eine Hand in Renees Rücken. Da sie sich aber weder versteifte, noch es sich verbat, entspannte sich Garret ein bisschen, während sie über den Flur zurück zum Wartebereich gingen.
"Und ansonsten? Wie geht es euch?", fragte Abby, als sie sich einen Ruck gegeben hatte, um den beiden zu folgen und vor allem um die Frage zu stellen, worauf die beiden sich fast gleichzeitig erstaunt zu ihr herumdrehten. "Ja was denn," sagte Abby mit einem verlegenen Grinsen. "Darf ich nicht fragen? Es interessiert mich wirklich, schaut mich also nicht so an, als käme ich vom Mars."
"Oh, dass ist es nicht, Abby," sagte Renee und musste sogar ein bisschen lachen. "Es ist nur.. ungewohnt. Aber schön das du fragst, nicht Garret?", sie warf ihm einen herausfordernden Blick zu, auf den Garret gar nicht anders konnte, als zu nicken und ein 'Ja sicher' zu murmeln. Mit dem konnte Abby leben. Das war mehr als sie sowieso seit dem Streit, dem Schweigen und dem Geständnis über die Tabletten gerechnet hatte.
"Also MIR geht es soweit gut, dank. Die alte Wunde eben und meine eigene Dummheit sie zu ignorieren. Aber es sollte besser werden, wenn ich mich ein bisschen zusammenreiße. Für Garret kann ich nicht sprechen..."
"Es ist alles in Ordnung, Abby. Keine Brüche, nur eine Rippe ist angeknackst, die Nase ist heil, der Kiefer auch. Was ein großes Wunder ist. Und ansonsten tut eben alles weh..."
"Ja, dass kann ich mir vorstellen," sagte Abby mitfühlend und war froh, als sie wieder beim Wartebereich angekommen waren. "Oh.. wartete einfach hier okay? Ich hol schnell Mom." Sie wartete erst gar keine Antwort ab, sondern schlängelte sich schon einen Weg durch die Sitzenden...
--> Abby, Wartebereich
"Du könntest wirklich netter sein Garret, du weißt, dass es nicht allleine an Abby liegt, dass es bei euch so ist, wie es ist. Also gib ihr nicht die Schuld an allem und freu dich, dass sie zumindest über ihren Schatten springen kann."
"Das tu ich doch," sagte Garret überrascht. "Ich weiß das ... es ist nur schwer zu zeigen. Weil es noch immer weh tut und jedesmal wenn ich sie ansehe dieses wandelnde schlechte Gewissen vor mir sehe... ich rede ja mit ihr. Das hab ich schon Maggie versprochen. Mach du dir deswegen bitte nicht auch noch Sorgen okay?"
"Okay," sagte Renee knapp, und sah Abby hinter her, die kurz darauf auch schon wieder auf sie zukam, in Begleitung von Maggie. "Ich versuch es. Ich will nur nicht am Ende wieder als das kalte Monster gelten, dass wegen der Pause anfängt sich für nichts zu interessieren und..."
"Das hat keiner behauptet, Renee. Und nach heute wird das auch so schnell keiner mehr annehmen. Du kannst vielleicht versuchen uns vorzuspielen, dass du die Kühle in Person bist, aber der Rest weiß jetzt genauso wie ich bescheid," er schenkte Renee dabei ein kleines Schmunzeln und hätte sie gerne auch geküsst, aber nicht einmal das traut er sich und die Hand in ihrem Rücken hatte er längst auch zurückgezogen. Das Abby und Maggie schon auf sie zukamen, empfand er im Moment sogar als ziemlich befreiend...