Das sie besser nichts gesagt hätte, oder erst gar nicht Jordan erwähnt hätte, hatte Renee schon gewußt, als sie ihren Gedanken laut ausgesprochen hatte. Da war Garrets verletzter Gesichtsausdruck gar nicht mehr nötig. Oder... irgendwie doch. Er machte sie nämlich ein bisschen wütend und das war vielleicht gar nicht schlecht, ehe sie zu viel Mitleid mit Garret bekam und Dinge tat, die sie eigentlich gar nicht wollte.
"Ja, was denn? Offenbar hast du ja jeden von deinem Plan erzählt, nur mir nicht. Und weißt du... ich hab dich schon beim ersten Mal verstanden, nur sind wir mal ganz ehrlich zueinander, hätte ich dir nichts von der Schwangerschaft erzählt, hättest du deinen Entschluss, diesen Ring für dich zu behalten noch einmal überdacht?" Sie sah Garret fragend an, aber da er lieber zu schweigen vorzog und den Boden anstarrte, furh sie mit einem Seufzen fort. "Dann bin ich eben mal ehrlich - ich glaube nicht, Garret. Wir hatten zu dem Zeitpunkt unsere Fronten ganz gut klar geklärt - du wolltest zu Abby und deiner Ex-Frau stehen, zu deiner FAmilie, und ich war nicht bereit dich einfach so gehen zu lassen, aber du wolltest mich loswerden. Ich hätte es zu dem Zeitpunkt besser wissen sollen, dass Klammern nichts bringt, dass man einen Schlußstrich ziehen muss, jetzt bin ich so weit und du... du klammerst, aber nicht wegen mir. Das kannst du mir nach den letzten Wochen, in denen du schon so vieles anders machen wolltest, nicht weis machen. Und wenn du dazu nichts mehr zu sagen hast, ist es wohl besser, wenn ich draußen auf den Arzt warte."
Garret sah am Ende doch zu Renee, die inzwischen schon aufgestanden war und erschrak ein kleines bißchen, als ihm erst jetzt bewußt wurde, wie blaß sie aussah, und wie sehr sie darum bemüht war, nicht ihre Schmerzen zu zeigen. Und wahrscheinlich hatte sie gar ncht mit seinem Blick gerechnet, sonst hätte sie sicherlich eben nicht ihre Maske fallen lassen. Sein schlechtes Gewissen war ganz schnell da und er senkte wieder seinen Blick als sie seinen bemerkt hatte und entsprechend ertappt wirkte. Sagen konnte er allerdings nichts, dafür war sein Hals viel zu sehr zugeschnürrt, von dem dicken Kloß darin. Denn so schmerzhaft wie es war.. REnee hatte leider Recht. Das Wissen um die Schwangerschaft hatte sehr vieles an seiner Einstellung geändert. Und das seit dem so viel mehr daneben gegangen war, zeigte wohl deutlich, dass genau das ein Fehler gewesen war. Also was konnte er tun? Es zugeben und damit zwar ehrlich sein, aber REnee für immer zu verlieren? Er wollte sie nicht aufgeben, verlieren oder nur noch Freunde sein. Dafür hatten sie viel zu viel durchgemacht. Und er log auch ganz bestimmt nicht, wenn er ihr sagte, dass er sie noch immer liebte und sich ein gemeinsames Leben mit ihr vorstellen konnte..
Er seufzte tief, als Renee bereits zur Tür ging, dort aber noch einmal stehen blieb, weil sie erneut die Hoffnung hatte, er würde etwas sagen.
"Weißt du, es ist vielleicht richtig, was du sagst," sagte er schließlich, bevor sie wirklich noch ging. "Aber das ändert nichts an meinen Gefühlen für dich. Das hat es nie. Auch nicht, als die Sachen mit Abby passierten. Aber man kann manchmal aus Liebe nicht vor ein paar Dingen seine Augen verschließen und manchmal tut man aus Liebe auch dumme Dinge, falsche Dinge. Sie sind alle passiert, diese dummen und falschen Dinge, dass weißt du, nicht nur von meiner Seite aus und vielleicht hab ich mich auch heute einmal zu viel für Abby entschieden ohne zu bemerken wie weh ich dir damit tue, wie nah ich daran bin dich zu verlieren... aber ich dachte jeder hat noch eine Chance verdient? Wenn ich damit alleine dastehe... dann kann ich nichts daran ändern. Dann musst du tun, was du im Moment für richtig hältst. Oder du sagst mir einfach, was du von mir erwartest..."
"Ach Garret...," Renee zog die Lippen zu schmalen Striche zusammen und kämpfte mit den Tränen, die langsam einen Weg fanden. Sie hätte sich niemals erträumt, dass diese Sache mit Garret, die so unverfänglich in Carolina angefangen hatte, so schmerzhaft enden könnte. Und wenn sie es geahnt hätte, dann wäre sie damals weit weggelaufen, ansatt zu einem Drink zu ihm aufs Zimmer zukommen. Sie verdrängte die Erinnerung schnell wieder, weil sie viel zu weh tat und lehnte sich gegen den Türrahmen. "Ich liebe dich doch auch noch immer, mit allem was dazugehört... am liebsten würde ich einfach ja sagen, den Ring nehmen... aber dann würde ich nur das wieder tun, was wir in den letzten Monaten getan haben - über unsere Probleme schweigen, alles verdrängen und das beste daraus machen. Das geht aber nicht. Denn wie du richtig festgestellt hast, es würde zu Lasten unseres Kindes gehen. Die Probleme würden immer wieder hervorbrechen und uns an einer friedlichen Partnerschaft hindern. Alles was ich von dir im Moment erwarte, ist dass du das erkennst und dass du meine Entscheidungen respektierst und einfach einmal darüber nachdenkst. Anstatt immer gleich beleidigt die Tür hinter dir zu zuschlagen und alle auszuschließen. Dieses sich ins Schneckenhaus zurückziehen bringt uns nicht mehr weiter. Nicht mehr. Mein Vorschlag für uns wäre, nach dem Wochenende tatsächlich getrennte Wege zu gehen. Aber nicht mit einem Tür zumachen, abschließen und den Schlüssel wegwerfen. Sondern die Zeit einfach ein bisschen für uns arbeiten zu lassen. Ich will dass du dich auf deine Probleme mit Abby konzentrieren kannst und im Institut erst einmal wieder klar Schiff machst. Und dann erwarte ich von dir, dass nichts mehr, absolut nichts mehr zwischen uns steht und du dir bis dahin im Klaren bist, was DU von MIR willst. Dann kannst du von mir aus mit diesem Ring wieder kommen und ich akzeptiere dann jede deiner Entscheidungen."
Ein bisschen schlucken musste Garret schon, als Renee so klipp und klar sagte, wie für sie die Sache aussah und was sie von ihm erwartete. Gut, er hatte darum gebeten, dass sie ihm das sagte, aber mit dem Wissen wie sich die nächsten Tagen, Wochen, vielleicht Monate in ihrem Interesse gestalten würden, zog sich sein Magen ein wenig zusammen. Aber er versuchte das mit dem Nachdenken und kam zu der weisen Einsicht, dass es vielleicht tatsächlich das vernünftigste war - er kümmerte sich um alle die Dinge, die ihn nur ablenkten, dann nahm er sich Zeit um mit sich ins Reine zu kommen und dann, dann würde er sich die Zeit nehmen, die Renee verdient hatte. Doch dann fiel ihm der Haken an der ganzen Sache auf und er musste Renee wieder mit einem traurigen Blick ansehen und seufzte laut.
"Das geht nicht, Renee. Ich meine es würde schon gehen. Das Nachdenken und sich Zeit lassen für die anderen Dinge... aber es geht nicht, dass ich zu lassen, dass du dich schon wieder opferst. Vorhin hast du mir gesagt, dass du genug hast, immer nur zweite Geige zu spielen, dass du nicht mehr kannst, dass du keine Lust mehr hast, immer nur einzustecken und jetzt willst du wieder für mich besser gesagt für Abby und ihre Probleme zurückstecken?"
Renee sah Garret einen Moment lang erstaunt an, aber dann musste sie lächeln. Er hatte tatsächlich nachgedacht und er hatte sogar erkannt, zu was sie einmal mehr bereit war, wenn er am Ende nur endlich Zeit für sie fand und da sein würde, so wie sie sich das wünschte und immer gewünscht hatte. Falls die Zeit nicht den Abgrund zwischen ihnen tiefer grub. Der Plan konnte nämlich ganz schön nach hinten losgehen... Aber für den Moment hatte Garret schon so viel mehr gesagt, als in den letzten Wochen oder das ganze Wochenende über und das reichte ihr. Jetzt. Darum ging sie zu ihm zurück, beugte sich zu ihm nach unten und gab ihm zu seiner Überraschung einen kleinen Kuß. "Mehr wollte ich gar nicht von dir hören. UNd um deine Frage zu beantworten - doch, doch ich bin bereit dazu noch einmal zurückzustecken. Aber nur noch dieses eine Mal. Verstehst du? Weil es wichtig ist, für dich, für Abby, für uns. So lange du nicht gerade wieder die Pause für einen One Night Stand nützt..."
"Ha.. sehr witzig," brummte Garret, musste aber ein wenig schmunzeln und das erleichterte Renee ungemein. Sein Schmunzeln hatte sie vermißt, wie sein Lachen, seinen Humor... aber sie wollte ja nicht gleich alles auf einmal. Für den Anfang war das schon ganz gut. "Und wie sieht diese Pause aus? Ich halte mich einfach raus aus deinem Leben und du dich aus meinen? Oder gehen wir essen? Telefonieren? Ich darf mit zu deinen Arztterminen? Wie lange soll das ganze gehen..."
"Na ja, ich hatte nicht vor, unserem Sohn in 18 Jahren erst zu erklären, dass du sein Daddy bist," sagte Renee gespielt ernst. "Also dachte ich einfach mal, es wäre ganz gut, wenn du deine Probleme schnell regeln würdest? Ruf mich nicht an, ich ruf dich an, wenn ich so weit bin? Also den Teil meine ich jetzt ernst," fügte sie tatsächlich ernst geworden hinzu. "Wenn wir uns treffen, ist die GEfahr groß, dass wir uns wieder nur herumschubsen um Streß abzubauen. Und... ein kleiner Ansporn ist wohl nötig, dass du dich um deine Angelegenheiten kümmerst, nicht?"
"Das klingt eher nach Bestrafung," murmelte Garret, grinste aber ein wenig schräg. "Aber okay, ich denke.. ich schaffe das. Irgendwie..."
"Dann... sind wir.. ich meine.. alles gut?", fragte Renee ein wenig unsicherer, als sie eben noch bei den Bedingungen, die sie aufgestellt hatte, geklungen hatte.
"Ich müsste lügen, wenn ich ja sagen würde," gab Garret zu und überraschte damit Renee. Aber sie wollte ja, dass er sich öffnete und ehrlich war. Und wenn sie so direkt gewesen war, konnte er das doch auch sein? "Aber ich respektiere deine Wünsche, nicht und.. wir sind schließlich erwachsen... ich komme damit schon klar, irgendwie. Versuchen wir es einfach."
Renees schlechtes Gewissen meldete sich gleich wieder zurück, als klar wurde, dass Garret tatsächlich nicht ganz so gut damit zurecht kam, wie er sie durch sein Lächeln glauben machen wollte. Aber sie brauchte die Pause. Dringend. Sie brauchte ABstand. Sie konnte sich nicht von seinem Zustand und seinem Problem mit den Bediengungen einwickeln lassen. Beschlossen war beschlossen. "Du wirst es schon überleben," sagte sie mit einem aufmunternden Lächeln und ging zurück zur Tür. Und schließlich hatte er es alleine in der Hand wie schnell sie sich wieder sahen... "Und jetzt machen wir die Sauerei hier weg, bevor der Arzt kommt und sich seinen Teil denkt..."
"Oh ich hab nichts getrunken," sagte Garret gleich und stemmte sich ächzend in die Höhe.
"Ich hab nichts anderes behauptet und du bleibst sitzen, ich mach das schon...," weiter kam Renee nicht, weil jemand an die offene Tür klopfte und sie mit einem Blick nach vorne, einen fremden Mann mit einer eindeutigen Arzttasche in seiner Hand auf der Schwelle stehen sah, der unsicher ins Innere spähte. Als er sie entdeckte hob er eine Hand und kam einen Schritt ins den Wohnraum.
"Ehm... Ms Walcott, richtig? Dr. Torres, ich glaube sie haben mich angefordert?"
"Ja... ja," sagte REnee mit sehr viel Erleichterung, als endlich ABlenkung in Sicht war. Ablenkung von der einzigen Katastrophe, die sich bei ihnen beiden Beziehung nannte. "Richtig, kommen Sie ruhig herein. Und.. einen Moment bitte," sie wartete, bis Dr. Torres eingetreten war und tatsächlich wartend stehen blieb. Erst daraufhin machte sie ein paar Schritte zurück ins Schlafzimmer, damit Dr. Torres nicht jedes Wort mitbekam. "Der Arzt ist da, Garret. Du solltest nach draußen gehen, er muss das hier nicht sehen," sie deutete zur Wand und war froh, dass Garret einsichtig nickte. Beim Aufstehen half sie ihm dann jedoch, obwohl es ihr selbst im Moment wieder alles andere als gut ging. Aber sie war von ihnen beiden wenigstens noch diejenige, die einigermassen stehen, laufen und gehen konnte.
"Eine Frage hätte ich aber noch.. machst du deinem Bruder klar, dass ich versucht habe, dich glücklich zu machen, du es aber warst, die die Trennung auf Zeit oder was auch immer, wolltest? Oder spielt das keine Rolle bei David? Bekomme ich so oder so Prügel?"
Renee verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. "Also jetzt mach dich nicht lächerlich. Das war ein Ausrutscher, ein böser, böser Ausrutscher. Ich glaube nicht, dass er es noch einmal tun wird. Nein ich glaube es nicht nur, ich weiß es. Und jetzt hör auf dir wegen so etwas Sorgen zu machen oder mir eins damit auszuwischen. Ich bleib bei meiner Entscheidung, okay? Und jetzt komm schon..."