"Klar, sicher, auch wenn ich wirklich nicht so ganz verstehe oder weiß was du meinst," sagte Jordan ehrlich und suchte nach einem Dosenöffner, wobei sie Woody sanft zur Seite schob, um an die Schublade zu kommen. "Du hast vorhin doch nicht... komisch reagiert. Ein bisschen frech vielleicht... aber das war doch schon alles."
"Ja, eben", sagte Woody und rutschte an der Küchenzeile ein wenig beiseite, damit Jordan weiter 'kochen' konnte. "Ein bisschen frech, aber wenn ... wenn das okay für dich ist und du damit kein Problem hast, dann ... dann ist es für mich auch okay, denke ich. Aber ... na ja, es tut mir trotzdem Leid, dass ich so ... so sprunghaft bin und eben schlechte Laune hatte. Also auf dem Rückweg. Ich wollte dir nicht den Tag verderben oder ... na ja, eben schlechte Laune haben."
"Oh den Tag hast du mir doch nicht verdorben? Soweit ich weiß, hattest du eben noch hervorragende Laune," sagte Jordan heiter und grinste ihn vielsagend an, ehe sie sich daran machte die Dose zu öffnen. "Du könntest mir aber mal kurz helfen und ein Sieb suchen. Und was den Rückweg angeht... vergessen und vergeben," sie konnte sich ja gut vorstellen wieso Woody schlechte Laune hatte, nur wollte sie ihn nicht auch gleich noch auf Calvin ansprechen. Denn dann war der Tag sicher wirklich gleich verdorben.
"Ja, die hatte ich", sagte Woody leise und trat verwundert beiseite, um die Schränke nach einem Sieb zu durchsuchen. Er kam sich langsam vor wie in einem falschen Film: Jordan kochte, die bat ihn, zu assistieren und sie war nicht sauer auf ihn, sondern gut gelaunt ... Und Woody nahm ihr jede einzelne Sache davon ab. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er gedacht, zu träumen. Aber so ... "Suchst du das hier?", fragte er und hielt das Sieb hoch, das er aus dem Schrank unter der Spüle gezogen hatte. "Oder willst du kein blaues, sondern lieber ein rotes? Oder eins aus Metall?"
Jordan nahm ihm einfach das blaue ab und trat mit der Dose dazu an die Spüle. "Ich nehme was ich kriege," und damit schüttelte sie den Inhalt der Dose in das Sieb. "Ich hoffe du hast nichts dagegen, dass ich mich an einen Salat wage? Ich dachte da kann man nicht so viel falsch machen. Höchstens zu viel Salz oder Essig erwischen, richtig?"
"Oh, absolut nicht", sagte Woody. Er hatte die Schranktür wieder geschlossen und lehnte sich erneut gegen die Küchenzeile, um Jordan bei der Arbeit zusehen zu können. "Ich traue dir doch auch das Grillen zu und ich hatte viel Vertrauen in den Nudelauflauf. Der wäre sicher auch gut geworden, wenn wir die Zeit nicht vergessen hätten. Deswegen ... ich vertraue dir. Aber das mit dem du nimmst, was du kriegen kannst, musst du mir noch mal erklären. Ich hoffe nämlich schwer, dass du das nicht auf mich beziehst."
Jordan fand es schön, dass Woody nicht gleich panisch auf ihre Idee mit dem Salat reagierte. Das gab ihr ein bisschen mehr Zuversicht, dass er gelingen könnten. Wegen seiner Frage musste sie dann allerdings breit schmunzeln.
"Siehst du, genau deswegen hab ich versucht nichts weiter dazu zu sagen, weil ja klar war, dass du gleich wieder nachbohren musst," sagte Jordan mit einem liebenswürdigen Lächeln und ließ das Sieb in der Spüle stehen. "Natürlich hab ich dich damit nicht gemeint. Aber wenn es dir natürlich besesr gefällt, wenn ich sage, 'ich könnte jeden kriegen den ich möchte...', kann ich das gerne noch mal umformulieren."
"Du meinst wenn man es so formuliert? 'Ich könnte jeden kriegen, den ich möchte, aber ich habe mich für dich entschieden' Ja, das klingt sehr viel besser", sagte Woody und schlang dabei seine Arme um Jordans Taille, um sie näher zu ziehen. Damit machten sie zwar schon wieder erste Schritte zu dem, was vorhin zu angebranntem Essen geführt hatte, aber Salat konnte ja nicht anbrennen und war deswegen sicherer. "Das klingt sogar sehr gut. Und ... ich würde es dir sogar abkaufen. Denn bei deinem Aussehen ... du könntest wirklich jeden bekommen."
"Ja, so könnte man es auch formulieren," sagte Jordan mit einem Nicken, grinste und gab Woody einen flüchtigen Kuss auf die Lippen, als er sie vom Essenmachen abhielt. Aber seine Arme um ihre Hüften fühlten sich einfach zu gut an, um dagegen zu protestieren. "Und vielen dank fürs Kompliment. Pass nur ja schön auf, dass keiner daher kommt und mich wegschnappt. Du weißt ja... hier draußen leben Wilde im Wald, die bekommen nicht oft so etwas schönes zu sehen. Aber... nein warte.. du musst dir keine Gedanken machen... ich will nämlich nicht jeden. Nur dich."
"Ich weiß", sagte Woody. Er lehnte seine Stirn gegen die von Jordan und sah sie lächelnd an. Trotz der kleinen Tiefen und kurzen dunklen Wolken war dieses Wochenende wunderbar. Sie waren beide viel lockerer und offener, als sie vor dem Urlaub befürchtet hatten und er fragte sich, ob Jordan das auch auffiel oder ob sie sich schon so an diese Lockerheit gewöhnt hatte, dass ihr Dinge wie 'Ich liebe dich' oder 'Ich will nur doch' so einfach über die Lippen kamen. Doch Woody wollte sich deswegen nicht beschweren oder die Sache ansprechen, sondern einfach nur genießen und sich freuen. "Und ich will nur dich", fuhr er leiser fort. "Dich ganz alleine und niemanden sonst. Und deswegen teile ich dich auch nicht mit irgendwelchen Wilden, die dich entführen wollen. Du weißt ja ... ich habe eine Waffe und kann auch mit umgehen."
"Ich weiß", sagte Jordan und lächelte. Woodys kühle Stirn gegen ihre gepresst löste ein feines Kribbeln aus, das Jordan ganz schnell wieder verdrängen musste. Sonst würde der Salat nie fertig werden, wenn sie ihm nachgab und den Gedanken, die das Kribbeln auslösten. "Darum fühle ich mich ja auch so sicher und beschützt und geh mit dir in die 'Natur', um zu grillen...," sie grinste zu Woody hoch und nickte Richtung Zutaten. "Übrigens... wenn du mich nicht gleich los lässt, dann wird das mit dem Essen erst etwas heute Abend."
"Hm, das ist jetzt aber eine schwere Entscheidung, die ich da fällen muss", stöhnte Woody und grinste dabei, während er Jordan ein Stück von sich schob. "Du oder das Essen ... kann ich nicht beides haben? Oder nur dich? Kann man nicht auch von Luft und Liebe leben? Oder ist das nur eins von diesen Ammenmärchen, was Schnulzenautoren und -filmemacher uns weiß machen wollen? Ja, wahrscheinlich ist es das ... Okay, dann bitte das Essen und als Nachtisch dich. Wäre das machbar? Oder ist es irgendwie ungesund, wenn man als Vor- und als Nachspeise dasselbe hat?"
Jordan lachte und schüttelte ihren Kopf. "Weißt du, manchmal bist du ein großes Kind, weißt du das? Du kannst mich und das Essen haben und dazu noch meinen Salat, von dem du nichts haben wirst, wenn du mich schon als Aperitif mißbrauchst."
"Nur manchmal?", fragte Woody und zog beleidigt eine Schnute. "Ich dachte, ich wäre immer ein großes Kind. Ein ziemlich süßes noch dazu. Aber da hab ich mich wohl getäuscht ... ach, egal. Wenn wir ... der Salat kann doch als Hauptgericht laufen, dann kann ich den auch noch haben. Nach dir und vor dir. Und damit hätte ich alles, was ich will. Wie ein verzogenes kleines Kind mit Hundeblick, der jeden Erwachsenen weich werden lässt. Du weißt schon. Wie der von Timmy. Dem kleinen Mann konnte man auch kaum einen Wunsch abschlagen." Und warum er jetzt gerade auf Timmy kam, wusste Woody nicht mal. Vielleicht weil der kleine Junge sich doch noch als eine sehr schöne Erinnerung herausgestellt hatte und es nicht bei dem Drama geblieben war, in das es sich erst entwickelt hatte. Vielleicht war es auch nur, weil Timmy das einzige Kind war, das er und Jordan als gemeinsames Erlebnis hatten.
"Ja also, wenn das so ist.. dann darf ich dich absofort Kindskopf nennen und dich in dein Zimmer zur Bestrafung schicken, wenn du mir mal nicht gehorchst? Weil Hundeaugen haben keine Wirkung auf mich. Null. Absolut nicht," sagte Jordan bestimmt, musste dann aber doch grinsen, als sie von Woody an Timmy erinnert wurde. Dem sie beide nichts hatten abschlagen können. "Außer man heißt eben Timmy," fügte sie darum mit einem ganz kleinen, leisen Seufzen hinzu, weil sie nicht wusste, ob die Erinnerung an den Jungen gut war. Gut, für Woody. Denn irgendwie hatte er sich an den Knirps ziemlich schnell gewöhnt gehabt und der Abschied war ihm so schwer gefallen. Dinge, die sie nachdenklich machten, was ihre biologische Uhr betraf oder generell den Wunsch nach Kindern. Irgendwie sah sie sich noch nicht so weit und sie hoffte Woody würde dieses Thema in nächster Zeit nicht diskutieren wollen. Ihr war nämlich mehr als klar, dass Woody der Typ 'Familie' war. Und sie leider so gar nicht...