Abby war noch immer innerlich ein wenig aufgewühlt, obwohl sie längst wusste, dass sie vielleicht ein wenig übertrieben hatte. Aber das änderte nichts daran, dass sie sich nicht im Recht fühlte. Und das so gar niemand nachkam, um nach dem Rechten zu sehen oder sie wieder reinzuholen, machte die Sache nicht besser. Wenn niemand etwas richtig stellen wollte, hatte sie also doch nicht daneben gelegen und gar nicht übertrieben. Oder doch? Kam nur niemand, weil sie langsam die Nase voll hatten? Oh ja richtig... das war es ja. Erst ihre Mom, jetzt ihr Dad. Keiner hatte mehr Lust sich um die Probleme zu kümmern. Wie früher. Dann konnte sie ja ungestört weitermachen. Von wegen Klinik... von wegen sich ändern... sie mochte doch ihre Freunde, die Parties, die sie gefeiert hatten... das Vergessen unter Drogeneinfluß. Wieso sich die Mühe machen, wenn jeder Fehltritt den sie auf dem richtigen Weg machte gleich als Drama ausgelegt wurde und so ein Affentheater drum gemacht wurde, und ... ach nein, falscher Ansatz.
Abby holte einmal tief Luft und versuchte diese dunklen Gedanken zu verscheuchen. Es waren keine faire Gedanken, nur welche um ihre eigene Enttäuschung abzureagieren. Aber damit tat sie sich keinen Gefallen. Sie steigerte sich nur wiederin irgendetwas hinein und das ging dann bekanntlich nach hinten los. Am besten sie zeigte von sich aus Größe oder zumindest weise Einsicht und ging zurück, um den beiden eine Chance zu geben, etwas zu ihren Worten zu sagen... inwzischen war sie ja etwas ruhiger geworden. Aber es änderte nichts an dem was sie fühlte, gefühlte hatte, als ihr Dad ohne zu zögern zugegeben hatte, wie Maggie auch, nicht mehr zu können und schon gar nicht eine Zukunft sah. Was gab ihr das denn für Perspektiven? Keine... die Klinik hatte drei Ziele für sie gehabt - clean zu werden, was sie nocht werden wollte, ihren Eltern beweisen, dass sie Verantwortung durchaus übernehmen konnte (aber ihr Entschluss kam leicht ins Wanken) und das wichtigste dadurch alles irgendwie wieder zu richten, zu kitten, um das gestörte Verhältnis zu reparieren. Aber wo war da das Ziel, wenn die beiden selbst gar nicht mehr wollten? Konnten, keine Zukunft sahen, sie sich ständig alle nur mißvertsanden und stritten?
Ohne eine Antwort kehrte Abby schließlich doch in den Wartebereich der Notaufnahme zurück wo es doch ein bisschen wärmer war und auch windstiller. Aber so entschlossen wie vor einer Minute war sie gar nicht mehr, als sie die Sitzreihe ansteuerte, die sie belegt hatten. Dort, wo ihre Mutter kein Problem damit hatte, den Kaffee zu trinken, den sie den beiden Verrätern hart in einer megalangen Schlange erkämpft hatte... ah, jetzt tat sie es ja schon wieder... aber an ihren Gedanken konnte Abby nicht viel ändern. Und aus Angst deswegen gleich das Flasche zu sagen, setzte sie sich erst einmal schweigend übers Eck, griff nach einem der übrigen Bechern und nippte an ihrem Kaffee...
In den letzten Minuten hatte Maggie einfach nur da gesessen, den Kaffee festgehalten, ohne davon zu trinken, und hatte sich vom Geräuschpegel und dem geschäftigen Treiben des Krankenhauses einlullen lassen, bis sie sich halbwegs wieder entspannt hatte und ihr nicht mehr alle Muskel vor Verspannung wehtaten. Besser gefühlt hatte sie sich deswegen aber trotzdem nicht und die Sorge um Renee, um Garret und die Unsicherheit in Bezug auf Abby, hatten ihr weiterhin im Kopf herumgeschwirrt, ohne dass sich irgendein klares Bild ergeben hätte oder sie eine Lösung oder zumindest einen kleinen Ansatz für ihr weiteres Vorgehen gefunden hätte. Doch die konnte es wohl auch nicht geben, solange es noch so viele unbekannte Determinanten gab, die erst geklärt werden mussten: Was war mit Renee? Konnte sie wieder mit ihnen fahren? Wenn ja, was machte Garret? Kam er mit zurück? Blieb er hier? Wollte er noch mit Abby reden oder warf er die Flinte ins Korn, wie er es angekündigt hatte? Wo war Abby? Was wollte sie tun? Musste Maggie sie aufnehmen und alles richten? Bevor nicht ein Großteil dieser Dinge geklärt war, konnte es keine Antwort darauf geben, wie es weitergehen sollte, und deswegen versuchte Maggie auch gar nicht weiter, nach einer Lösung zu suchen. Vertane Zeit. Vertane Kraft, die sie an anderen Stellen sicher noch brauchen konnte …
Als Abby dann plötzlich wieder auftauchte, war zumindest schon mal die Frage nach ihrem Aufenthalt geklärt, aber alles andere hing weiterhin in der Luft. Vor allem als Abby gar nichts weiter tat, sondern sich nur einen Kaffee nahm und sich schweigend wieder hinsetzte. Das half Maggie auch nicht weiter, aber sie sah es auch nicht ein, das Schweigen zu brechen und etwas zu sagen. Sie hatte in ihren Augen nichts falsch gemacht und musste sich entsprechend auch nicht rechtfertigen. Im Gegenteil, Abby hatte die Behauptungen aufgestellt und war dann einfach abgehauen, bevor sie oder Garret sich hätten verteidigen können. Trotzdem sah Maggie kurz zu Abby, um ihr zu signalisieren, dass sie sie bemerkt hatte und auf keinen Fall ignorieren wollte.
Abby drehte ihren Kaffeebecher, sah kurz auf, als sie den Blick ihrer Mutter spürte und seufzte leise, ehe sie ihn wieder senkte und den Becher weiter drehte. Letztendlich schob sie ihn wieder auf den Tisch zurück. "Hab vergessen, dass ich keinen mehr trinken soll," murmelte sie dabei und lehnte sich im Stuhl zurück, wobei sie nichts bestimmtes ansah und schon gar nicht ihre Mutter. Aber nicht weil sie vorhatte sie zu ignorieren, sondern weil ihr die ganze Situation unangenehm war und so sehr an gestern Morgen erinnerte. Aber sie hatte nicht vor wie gestern zu enden, schweigend und alles so kühl zwischen ihnen und da sie wohl diejenige von ihnen gewesen war, die einfach rausgerannt war, lag es sicherlich auch an ihr, das Eis wieder zu brechen. "Uhm.. wo ist Dad?"
Mit Abbys erster Aussage wegen des Kaffees konnte Maggie nicht viel anfangen und ihr erster Gedanken war gewesen, dass Abby ihren Blick falsch verstanden hatte und glaubte, dass sie ihr den Kaffee verbieten wollte. Dabei hatte Maggie in dem Moment gar nicht daran gedacht, dass Kaffee nicht gut für Abbys Entzug war. Und wenn sie ganz gehässig gewesen wäre - was sie aber nicht war -, dann hätte sie anmerken können, dass es nach den Tabletten doch eh egal war. Aber so nickte sie nur schwach und stellte ihren Becher ebenfalls wieder auf den Tisch. Durst hatte sie sowieso keinen und Appetit ebenfalls nicht. Dafür hatte sie vorhin zu viele Donuts gegessen und ihr war die ganze Sache eh wieder auf den Magen geschlagen, sodass ihr ganz schlecht war. Als Abby den Anschein erweckte, nach dem einen Satz weiter schweigen zu wollen, lehnte Maggie sich wieder zurück und beschloss, damit einfach zu leben. Doch scheinbar hatte Abby es sich anders überlegt und sie fragte nach Garret. Nicht unbedingt ein guter Gesprächseinstieg, aber zumindest war es ein Einstieg und er zeigte Interesse. "Er ist bei Renee", erklärte sie. "Sie hat ihn über eine Schwester rufen lassen. Ich weiß nicht, was los ist. Er ist zu ihr rein und seit dem nicht mehr rausgekommen. Ich hoffe nur, es ist alles in Ordnung mit ihr."
"Oh...," sagte Abby im ersten Moment überrascht, dass Garret in der Lage gewesen war sich mal für die andere Seite zu entscheiden. Überrascht, aber keineswegs böse deswegen oder enttäuscht. "Na ja, du weißt doch, Unkraut vergeht nicht. Wird schon alles in Ordnung sein," und dabei fühlte sich Abby gar nicht so cool, wie sie tat. Sie hatte sich zwar noch nicht wirklich mit der ganzen Babygeschichte ihres Dads auseinandergesetzt, aber ein ganz kleiner Teil von ihr fing sich an an den Gedanken zu gewöhnen. Und die Vorstellung mit einem kleinen Baby-Bruder doch den Bruder zu bekommen, von dem sie erst vor ein paar Wochen erfahren hatte und gleich wieder verloren hatte, war ... verlockend, um sich näher darauf einzulassen. Entsprechend besorgt war sie auch, konnte es aber aus vielen Gründen nicht so sehr zeigen. Einer saß neben ihr und Abby konnte sich vorstellen, wie unangenehm das Thema Renee, Baby und Garret für ihre Mutter sein musste. Vielelicht überspielte sie deswegen ein bisschen ihre Sorge.
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15.53 Uhr, Maggie
"Aber das Baby ist kein Unkraut", sagte Maggie leise und überlegte, ob Renees Bitte, das Garret zu ihr kam, nicht genau das bedeutete: Dass etwas mit dem Baby war und sie es vielleicht ... verloren hatte. Warum sonst sollte sie nach allem, was sie Maggie vorhin wegen der Auszeit erklärt hatte, Garret gerufen haben? Wenn es nicht um das Kind ging ... Maggie schluckte hart und hoffte, dass sie sich irrte und Garret nicht noch einen Sohn verlor. Das würde er auf keinen Fall noch einmal verkraften. Erst recht nicht, wo es in seinem Leben doch momentan mehr Probleme gab, als man zählen konnte. Ob sie einfach mal nachfragen sollte? Nein, man würde ihr ja sowieso keine Informationen geben. Sie war nicht Familie. Abby vielleicht schon. Indirekt jedenfalls. Aber ob sie das tun würde? Und wie würde sie reagieren, wenn Maggie sie fragte? Sicher nicht gut. Deswegen verwarf Maggie die Idee wieder und fuhr sich stattdessen müde übers Gesicht und seufzte leise.
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15.53 Uhr, Abby
"Das weiß ich doch," sagte Abby bedrückt. "Ich wollte ja nur... die Sache ein bisschen... auflockern," und jetzt kam sie sich deswegen ziemlich blöd vor. "Denkst du es könnte etwas sein? Wir haben eigentlich gar nichts gemacht. Wir sind nur rumgefahren und vom Auto direkt in die Hütte gestern. Abendessen fiel leider aus und danach sind wir alle ins Bett. Und heute Morgen ist Renee nur die Strecke zwischen zwei Hütten gelaufen...und, und hat sich wohl aufgeregt... und wenn du das Thema lieber nicht haben möchtest, wegen REnee und dem Baby, also wenn du das irgendwie blöd findest, dann sag es ruhig ja?"
"So was reicht manchmal schon aus", sagte Maggie, leise seufzend, und beantwortete damit Abbys letzte Frage. Sie hatte keine Probleme damit, über Renee und das Baby zu sprechen. Zumindest nicht im Moment, wo ihre Mauer wieder halbwegs aufgestapelt war und sie diese Dinge nicht zu sehr emotional an sich heran ließ. Ein wenig kaum natürlich schon durch und es schmerzte dann auch, aber im Großen und Ganzen war es okay für sie. "Wenn es nichts gewesen wäre, dann wären wir jetzt nicht hier", fuhr sie fort. "Und du hast doch gesehen, dass Renee kaum laufen konnte, als du sie vorhin aus der Hütte geführt hast. Und wenn sie sogar möchte, dass Garret dabei ist, dann ... dann wird es schon etwas ernsteres sein. Es sei denn, du traust ihr zu, dass sie das hier als Flucht durch die Hintertür geplant hat, um mit Garret durch zubrennen. Aber das glaube ich eher nicht."
"Oh.. das beruhigt jetzt nicht sehr," sagte Abby mit einem kleinen Seufzen und rutschte auf ihrem Stuhl etwas auf die Kante vor. "Wobei wer weiß...," Abby versuchte sich an einem kleinen Grinsen, ehe sie wieder ernst wurde. "Aber nein, das... das traue ich ihr nicht zu. Nicht wirklich. Aber vielleicht... vielleicht ist es ja doch nichts ernstes und sie will Dad nur dabei haben, könnte ja sein."
Nein, zutrauen konnte sie das Renee auch nicht, und Maggie wusste auch gar nicht, woher dieser Gedanke gekommen war. Vielleicht weil sie vorhin Angst gehabt hatte, dass Renee hier bleiben musste, Garret ebenfalls blieb und sie Abby mitnehmen sollte. Das wäre dann ja in etwa eine Flucht der beiden gewesen. Wenn auch eher unfreiwillig. Aber sie wollte niemandem etwas unterstellen oder sich unnötige Gedanken über ungelegte Eier machen. Deswegen schüttelte sie nur leicht den Kopf und lehnte sich ebenfalls etwas vor, als Abby auf der Stuhlkante nach vorne rutschte. "Ich hoffe, dass du Recht hast", sagte sie. "Wobei ... das würde nicht ganz zu dem passen, was Renee eben gesagt hat. Dass sie Garret ziehen lässt, damit er sich erst um seine Probleme und um dich kümmern kann, ohne sich wegen ihr verpflichtet zu fühlen. Wenn sie ihn jetzt aber doch dazu holt, dann ... also dann muss es schon etwas ernsteres sein. Renee erscheint mir nicht als jemand, der seinen Prinzipien untreu wird. Und in Bezug auf Garret erschien sie mir in der letzten Stunde nicht sehr egoistisch. Und auch in den letzten Tagen nicht, wenn es stimmt, was sie von der Zeit seit gestern nachmittag erzählt hat. Dass sie das zu Dritt durchziehen wollte und es abgelehnt hat, dass du den beiden Freiraum gibst." Maggie lächelte Abby schwach an, um ihr zu zeigen, dass ihre Worte eine reine Feststellung waren und keine versteckte Anklage oder ein unterschwelliger Vorwurf.
Abby senkte ein wenig betreten ihren Blick. Zum einen weil sie das gar nicht wollte, was Renee in Bezug auf sie und ihren Dad geplant hatte und zum anderen, weil sie gestern viel zu sehr überreagiert hatte, als das Gute an der Sache zu sehen. "Ach weißt du... vielleicht wollte sie ihn einfach nur sehen. Oder es geht um das Kind und er ist schließlich der Vater, nur weil sie ihn gehen lässt, heißt das doch nicht auch zwingend, dass er seine Rechte abgeben muss. Und... also weißt du, ich will das gar nicht. Dieses Pause machen oder Schluß machen, wegen ... na ja zum TEil wegen mir. Das fühlt sich nicht gut an. Genauso wenig wie das vorhin... als ich... als ich euch zuhören musste. Und ich geh doch auch in die Klinik und dann hat Dad wieder Zeit? Für andere Dinge? Wobei ich gar nicht weiß, was ich noch in der KLinik soll. Jetzt wo ich weiß, dass Dad gar keine Lust mehr daran hat an uns zu arbeiten und ich...," Abby brach ab und sah wieder auf, wobei sie mit ernstem Blick leicht den KOpf schüttelte und ein wenig niedergeschlagen, aber ernst, keinswegs anklagend sagte. "Aber was erzähl ich dir das alles. Das muss ich wohl Dad sagen, sonst zieh ich dich da nur wieder mit rein. Wobei Dad ja vorhin kein Problem damit gehabt hatte," musste sie dann aber doch hinzufügen.
Maggie seufzte innerlich frustriert auf, als Abby so schnell das Thema wechselte und versuchte, Garret die Schuld daran zu geben, dass sie keine Hoffnungen mehr hatte und auf den Klinikaufenthalt verzichten wollte, weil sie ihn für sinnlos hielt. Sie hätte gerne auf dieses Thema verzichtet und Abby einfach nur zugestimmt, als sie sagte, dass sie mit Garret über diese Dinge sprechen sollte. Aber als sie dann noch hinzufügte, dass es sie gestört hatte, dass sie vorhin mit Garret gesprochen hatte, musste Maggie den Plan aufgeben und doch etwas dazu sagen. So konnte sie das nicht stehen lassen. „Weißt du, Abby“, sagte sie. „Du gehst für dich in die Klinik. Um dir helfen zu lassen, damit du deine Sucht überwinden und deinem Körper nicht weiter schadest. In erster Linie machst du das für dich – solltest du zumindest. Und danach erst für uns. Denn dann geschieht es freiwillig und aus Eigennutz. Nur so kann es funktionieren. Und was das andere angeht ... wir fanden deine Reaktion eben vollkommen überzogen und hätten das gerne gleich richtig gestellt. Aber du hast es ja vorgezogen, einfach wegzulaufen und uns die Chance zu nehmen. Ich habe nämlich deinem Dad nichts anderes gesagt, als ich dir vorhin, als wir an der Hütte waren, auch schon gesagt habe. Dass du mit ihm reden sollst und dass Ehrlichkeit richtig und wichtig ist. Ihm hab ich gesagt, dass er dir die Chance geben soll, dich zu erklären. Das war der einzige Rat. Ich weiß immer noch nicht, was da genau alles passiert ist, weil ich ihn nicht danach gefragt habe. So wie ich dich erst nicht gefragt habe. Er hat mich weder auf seine Seite gezogen, noch kenne ich seine Seite der Geschichte. Wie ich auch deine nicht kenne. Ich hatte vorgeschlagen, dass ihr alle mich auf der Fahrt hierher aufklärt. Gemeinsam. Aber daraus ist nichts geworden. Und deswegen … ich hab niemandem bevorzugt oder mich auf eine Seite ziehen lassen. Nicht in eurem Fall. Der Rest des Gesprächs drehte sich um Garret und Renee und darum, was Renee mir vorhin gesagt hat. Ich habe versucht, Garret deutlich zu machen, welche Chance Renee ihm gibt und welche Opfer sie dafür erbringt. Er weiß das alles, aber ich hab den Eindruck, dass es ihm nicht richtig bewusst ist. Und da ich nicht möchte, dass noch ein Kind von ihm ohne seinen Vater aufwachsen muss, hab ich versucht, ein bisschen gegen zu steuern. Indem ich ihn darauf angesprochen habe. Und auch hier gab es keine Bevorzugung, weil ich das Thema auch schon mit Renee hatte. Davor. Als wir zum Wagen gegangen sind und sie mir erzählt hat, dass sie Garret gehen lässt, damit er sich um seine ganzen Probleme kümmern kann. Nicht nur um dich, sondern um alles, was in seinem Leben so schief läuft. Deswegen solltest du dir nicht die Schuld an dieser Trennung auf Zeit geben. Die trägst du nämlich nicht. Und ich werde Renee bitten, dir das auch noch mal zu bestätigen. Okay?“ Sie sah Abby ernst an und lächelte aufmunternd. „Zieh dir nicht immer alle Schuhe an. Die meisten sind dir doch viel zu groß, sodass du zwangsläufig ins Stolpern gerätst, statt vorwärts zu kommen.“
"Das tu ich ja gar nicht mit Absicht," sagte Abby mit einem kleinen Lächeln zurück und versuchte dabei die Worte ihrer Mutter nicht all zu sehr mißzuverstehen oder sie in eine Richtung zu interpretieren, bei der sie sich nur wieder gleich unnötig aufgeregt hätte. "Und ich will damit auch gar nicht behaupten, dass es 'meine' Schuld ist. Es fühlt sich eben einfach nur so an. Und auch wenn Dad andere Probleme noch hat, ist es doch bisher immer so gewesen, dass irgendetwas zusätzlich wegen mir war und er Renee hatte zurückstellen müssen. ich bin ja nicht blöd und hab Augen und Ohren. Nur gestern hätte mich das alles noch nicht interessiert oder wäre es mir egal gewesen. Aber nach heute... da sind so viele Dinge passiert, die so vieles geändert haben... da kann ich mir nur die Mitschuld an allem geben. Und weißt du, auch wenn du denkst, du hättest dich neutral verhalten, hast du Dad nicht daran gehindert dir zu sagen, was passiert ist. Wenn auch nur ansatzweise. Wäre ich nicht dazugekommen, wer weiß, vielleicht hätte er dir ja doch noch alles erzählt und schon wäre es nicht mehr fair gewesen. Ich hab mich wenigstens bemüht mich an deine Bitte zu halten. Deswegen bin ich sauer. Und sonst wegen nichts." Und auf die Klinik ging sie erst gar nicht näher ein, weil sie ja wußte, dass ihre Mutter recht hatte und weil sie befürchtete doch noch ein paar unschönere Dinge zu sagen, die ihr am Ende doch nur wieder leid getan hätten. "Aber wenn du möchtest, behalte ich meine Gedanken darüber auch gerne für mich und rede wegen allem weitern später mit Dad?", denn inzwischen wußte Abby wirklich nicht mehr so genau über was sie mit ihrer Mutter reden durfte und über was besser nicht. Wahrscheinlich führte das am Ende nur irgendwann dazu, dass sie, Abby, wieder ihre Probleme für sich behielt und alles in sich hineinfraß, weil mit ihrem Dad konnte man ja sowieso nicht vernünftig reden und wenn Maggie auch nicht mehr zuhören wollte... was blieb ihr da anderes übrig? Nur Drogen, die würde sie wohl lieber als Resultat dieses Mal weglassen. "WIr können uns ja... ich weiß nicht... übers Wetter unterhalten? Oder wie war deine Fahrt hier her? Auch so überfüllte Straßen gehabt, wie wir gestern Abend?"
Am liebsten hätte Maggie einfach nur genickt und den Vorschlag, dass Abby den Mund hielt, angenommen. Aber sie spürte schon wieder eine leichte Wut in sich aufsteigen, die sie nur mühsam bekämpfen konnte und deswegen einfach auf das Thema eingehen musste, bevor sich alles aufstaute und sie irgendwann deswegen explodierte. Abby hatte ihr wieder nicht richtig zugehört und die Dinge so ausgelegt, wie es ihr passte. Und das passte Maggie absolut nicht.
„Dein Dad hat mir gar nicht erzählt, was passiert ist“, sagte sie bemüht ruhig. „Das habe ich gerade schon gesagt. Er hat mir nicht mehr gesagt, als ich schon von dir wusste. Und nebenbei … das ist jetzt das dritte oder vierte Mal, dass ich sage, ihr sollt mir gemeinsam erzählen, was passiert ist, und es wird ignoriert oder nicht zu würdigen gewusst. Und wenn das so weitergeht, dann muss ich so ein Angebot, wie du es mir gerade gemacht hast, annehmen und dann ist es mir wirklich alles egal und ich will es gar nicht mehr wissen.“ Maggie hielt inne, schloss einen Moment die Augen und bemühte sich, weiter ruhig zu bleiben. „Ich schlage vor, dass ich nachher noch mal einen Versuch starte, euch beide zu fragen, was los gewesen ist“, sagte sie. „Und dann schauen wir weiter. Und was dein schlechtes Gewissen wegen Renee angeht … ich finde, das ist ein guter Ausgangspunkt dafür, dich mit den beiden später an einen Tisch zu setzen und darüber zu reden. Sie sollten erfahren, wie du dich fühlst und die Chance bekommen, sich dazu zu äußern.“ Das alles immer vorausgesetzt, dass mit Renee alles okay war und die beiden bald kamen. Langsam vermisste sie sie und Maggie wünschte sich, dass man sie bald erlöste, bevor das hier wieder aus den Fugen geriet. Denn sie redeten mal wieder schön aneinander vorbei. Und wie das endete, hatten sie ja oft genug zu spüren bekommen.
"Ja, ja das sollte ich wohl tun, mit den beiden," murmelte Abby und rutschte wieder auf ihrem Stuhl nach hinten und starrte kurz vor sich hin. Irgendwie lief das hier mal wieder alles andere nur nicht rund oder so gut wie vorhin im Wagen, als sie alleine gewesen waren. "Falls Dad reden will. Vor ein paar Stunden war ich noch Luft für ihn. Und was das mit dem gemeinsamen Erzählen angeht.. wann hätten wir es denn tun sollen? Es kam doch immer was dazwischen und ich hatte das Gefühl, dass Dad in meiner Gegenwart nicht darüber reden wollte. Und ich wollte nicht darüber reden weil... ach verdammt, was soll ich denn jetzt tun?," Abby sah wieder auf zu ihrer Mutter und war ein bisschen verzweifelt (NICHT böse, *g*)"Ich weiß ehrlich nicht mehr wie weit ich mit dir über etwas reden soll, kann, darf um dich nicht wieder in die Situation zu bringen, nicht weiter zu wissen oder immer nur das falsche zu sagen. Und vorhin im Wagen, da habe ich versucht dich darauf aufmerksam zu machen was du falsch machst, so wie du mich ja darum gebeten hast. Aber da hast du mich gleich angemeckert und jetzt, wo ich nur versuche die Dinge zu umgehen, passt es dir auch wieder nicht, weil du im Grunde doch zuhören möchtest, nur eben uns beiden zusammen...ß"