Jordan trat mit einem erleichterten Seufzer zum letzten Mal hinaus auf die Veranda, um etwas hinauszutragen, was ihnen noch fehlte. Nämlich der Salat. So schnell war er dann auch nicht fertig geworden, weil sie ständig etwas für Woody noch zu richten gehabt hatte. Das Fleisch, ein Bier, Feuer... und erst als er anfing Teller, Besteck und den Rest schon einmal nach draußen zu tragen, hatte sie ihn fertig zu bereiten können. Um ihn jetzt auch ziemlich stolz vor sich herzutragen.
"Ich bin fertig," verkündete sie laut, ohne sich nach Woody umzusehen und plazierte die Schüssel auf den Tisch. "Wollen wir wirklich hier oben essen? Der Picknick-Platz unten wäre geschützter," wobei sie hier oben den Weg im Auge hatten und sahen, wer kam oder ging und den See konnten sie natürlich auch viel besser von hier oben sehen, was ein klarer Pluspunkt war. Dafür sah man von unten vom Weg aus auch ziemlich gut zu ihnen herauf...
Woody sah wieder auf, als Jordan endlich mit dem Salat kam und er den mittlerweile schon heißen Grill endlich beladen konnte. Nein, halt … nicht beladen konnte, sondern Jordan dabei zuschauen konnte, wie sie es tat. Denn das war ja die Abmachung gewesen: Er kümmerte sich um das Anzünden, Jordan um das Essen an sich. Nur irgendwie hatte er in den letzten Minuten das Gefühl gehabt, dass sie damit schon fast überfordert war; sie war längst nicht so multitaskfähig wie sie immer behauptete zu sein, wenn es ums Kochen ging. Aber da Woody froh war, dass Jordan es versuchte, und er ihr nicht die Motivation nehmen wollte, hatte er dazu geschwiegen und sich selber um Geschirr und Besteck gekümmert, was er beides schon auf den Tisch neben dem Grill abgestellt hatte. Nur scheinbar war das wohl nicht in Jordans Sinn gewesen … „Ich dachte, hier wäre es besser, weil wir dann den Grill im Auge behalten und gleichzeitig schon essen können“, sagte er und drehte sich mit der Grillzange in der Hand zu Jordan um. „Außerdem ist die Aussicht hier besser und da wir uns dazu entschlossen hatten, etwas anzuziehen, sehe ich keinen Grund dafür, dass wir uns verstecken und auf die schöne Aussicht verzichten müssen. Es sei denn, du möchtest unbedingt, dann helf ich dir gleich tragen. Deine Entscheidung …“
"Nein, war ja nur eine Frage," sagte Jordan und musterte enttäuscht den leeren Grill. Sie hatte ja gehofft, dass Woody einfach mal ohne sie anfing.. Pech gehabt, wie es aussah bestand Woody darauf, dass sie sich tatsächlich heute ums Essen kümmerte. Darum ging sie auch gleich zu ihm an den Grill, und nahm ihm die Grillzange aus der Hand. "Und bevor wir dann verhungern.. fang ich mal an?" Sie griff alles andere als ungeschickt mit der Zange nach einem der Steaks und legte es vorsichtig ab und während der heiße Grill um das Fleisch herum zischte und knackte, wanderte das nächste Steak auf die Folie. "Meinst du nicht, ich hab ein bisschen zu viel gerichtet," sie musterte die zwei paar Hot Dogs und die beiden Spar Ribs auf dem Teller kritisch und zuckte gleich selbst mit den Schultern. "Na ja, wir waren Wandern.. oder nicht? Da vertragen wir das schon ... oder?"
"So war es geplant", sagte Woody grinsend und versuchte Jordan nicht allzu offensichtlich dabei zu beobachten wie sie den Grill belegte. Sie machte es wie zu erwarten gewesen war, richtig und langsam bekam Woody wirklich das Gefühl, dass Jordan immer nur vorgab, nicht kochen zu müssen, nur damit sie nichts tun brauchte und immer entschuldigt war. Doch das würde ab jetzt ein Ende haben. Wenn sie ein Paar waren, dann sollten sie sich auch solche Dinge teilen. Woody hatte kein Problem damit, für Jordan zu kochen oder den Abwasch zu erledigen, aber manchmal genoss er es auch, wenn er nichts tun musste - wie jetzt. Und das stand ihm doch auch irgendwie mal zu. Als Jordan meinte, dass sie zuviel Fleisch vorbereitet hatte, sah Woody auf den Teller und schüttelte den Kopf. "Das ist schon nicht zu wenig", sagte er. "Ich habe wirklich Hunger und außerdem ... die Steaks kann man auch kalt essen. Zur Not heben wir sie uns fürs Abendessen auf. Dann brauchen wir da keine kostbare Zeit zu verschwenden. Oder wir nehmen sie mit zum Wandern. Falls du nochmal an den See wolltest?"
"Ja, wir wollten Boot fahren, schon vergessen? Auch wenn ich mir durchaus vorstellen kann, was du eigentlich gemeint hast," oder auch nicht, aber das spielte keine Rolle. Jordans Grinsen sprach dafür Bände. "Okay, dann werf ich eben als drauf. Die Aussicht nicht noch einmal kochen zu müssen ist nämlich sehr verlockend," und schon wanderten die Sparribs und die Würste mit auf den Grill.
"Oh ja, sicher", sagte Woody, während er auf Tisch Platz nahm und Jordan dabei zusah, wie sie das restliche Fleisch auf den Grill legte. Sie wollten Boot fahren. Und noch eine Nachtwanderung machen. Wie gestern ... Oh, die Idee gefiel ihm. Hoffentlich dann dieses Mal ohne die hustenden Kaninchen. Woodys Blick wurde träumerisch, als er an gestern Nacht dachte und er grinste ein bisschen schief. Nur als ihm bewusst wurde, was Jordan über das Kochen gesagt hatte, kam er zurück auf die Erde und sah sie erstaunt an. "Du weißt aber schon, dass das hier kein Kochen ist, oder?", fragte er. "Das nennt sich Grillen und hat nicht viel mit dem in der Küche stehen zu tun."
"Ach? Wo ist da der Unterschied? Ob ich Fleisch in eine Pfanne lege oder auf einen Grill? KOchen bleibt kochen. Oder unterscheidest du da auch zwischen braten, überbacken, Nudeln kochen, grillen," fragte Jordan und drehte sich mit der Grillzange in der Hand herum und deutete bedrohlich damit auf Woody. "Und wenn jetzt ein ja kommt und in dem Zusammenhang ein 'du musst morgen noch immer deine Kochkünste unter Beweis stellen', werfe ich damit nach dir. Und denk daran. Ich bin Pathologin. Ich kann es wie ein natürlichern Unfall aussehen lassen."
"Ich ... ähm ... ich hab doch gar nichts gesagt", sagte Woody und hob erschrocken die Hände, als Jordan ihm mit der Grillzange drohte und er fast einen Tropfen Fleischsaft abbekommen hätte, der bei ihrer Bewegung durch die Luft geschossen kam. "Wirklich nichts. Ich meinte nur, dass es ein Unterschied ist, ob man stundenlang in der Küche Zutaten bereitet oder ob man nur Fleisch auf den Grill schmeißt. Das ist für viele Männer ein Unterschied. Die denken nämlich, dass Kochen Weiberkram ist, aber haben gleichzeitig keine Probleme damit, hinter dem Grill zu stehen. Das meinte ich und ... was hätte ich nebenbei davon, wenn du es wie einen Unfall aussehen lassen würdest? Da ich tot wäre, wäre es mir egal, ob es Mord war oder nicht. Tot bleibt tot."
"Ja dir wäre es egal. Mir aber nicht. Ich will dafür nicht 25 Jahre im Gefängnis sitzen," sagte Jordan mit einem Grinsen und ging zu Woody, um ihm einen Kuß auf die Stirn zu hauchen. "Zudem würde ich so etwas doch gar nicht fertig bekommen. Ich wollte nur sicher gehen, dass du mir da nicht gerade ein Ding drehst. Und jetzt wende ich mal das Fleisch, beovr doch noch was verkohlt...," Jordan hatte sich wieder dem Grill zu gewandt und stutzte, als sie eine Bewegung am Weg bemerkte. Ah.. die ersten Zaungäste, dachte sie und warf einen zweiten Blick zum Weg und erstarrte. Sah sie da gerade richtig? "Uhm.. Woody... schau mal... Überraschung," sie zeigte mit der Zange zum Weg hinunter, wo ANnie und David gerade zu ihnen heraufsahen. So als gehörten sie hier her... nach Maine.
"Ich habe doch immer Recht, Honey", sagte Annie grinsend und griff wieder nach Davids Hand. "Das weißt du doch und deswegen liebst du mich doch. Nicht wahr?" Sie sah grinsend zu ihm auf, bemerkte aber aus dem Augenwinkel, dass Jordan zu ihnen blickte und sie wohl entdeckt hatte. So wie sie starrte. "Oh, ich glaube, sie haben uns entdeckt", meinte sie, als in dem Moment Woody aufstand und ebenfalls zu ihnen sah.
Woody
"Na ja, wenn du mich doch umbringst, dann musst du auch ..." Weiter kam Woody gar nicht, weil er starr vor Schreck da saß, als Jordan auf ihn zukam, ihn aber nicht wie erwartet, kneifen wollte oder schlimmeres tun wollte, sondern ihn einfach nur küsste. Na, damit konnte er gut leben, dachte Woody und grinste. Leider bekam er aber keinen Nachschlag mehr, weil Jordan das Fleisch gleich wieder für wichtigere erachtete und wohl doch von ihm erklärt bekommen musste, dass Fleisch nicht so oft gewendet werden musste. Doch ihre nächste Entdeckung bewahrte ihn und Jordan vor der Lehrstunde und er stand automatisch auf, um sich die Eindringlinge genauer anzusehen. "Sind das ... ist das ... Annie?", fragte er, obwohl er sich ziemlich sicher war, dass es Annie und David waren. "Was machen die denn hier?"
"Ja, alleine aus dem Grund," sagte David und grinste zurück, sah dann aber wieder zur Veranda. "Ja, sieht so aus. ich hoffe die Zange da in Jordans Hand ist ungefährlich..."
Jordan
"Annie und David ja. Und gute Frage. Wir haben doch die Handys dabei oder? Und angeschaltet? Nicht das was passiert ist... wegen... ich weiß nicht. vielleicht haben sich Garret und Renee im Urlaub gegenseitig erwürgt?", riet Jordan mit einem breiten Grinsen ins Blaue, wurde aber schnell wieder ernst. "Oder es ist etwas wegen.. Cal," und das sie das laut ausgesprochen hatte tat ihr schrecklich leid. IRgendwie hatte sie das GEfühl, damit den Urlaub ein bisschen ruiniert zu haben... Darum ließ sie lieber schnell die Zange sinken und winkte den beiden zu, um ein bisschen abzulenken.
"Wegen ... Cal?", fragte Woody überrascht und sah Jordan stirnrunzelnd an. Über ihren Verdacht wegen Garret und Renee hatte er ja noch schmunzeln können, auch wenn er nicht sah, dass das ein Grund war, dass die beiden hier auftauchten. Aber die Sache mit Cal ließ ihn dann doch stutzig werden. Wobei ... nein, das waren über drei Stunden Fahrt, die die beiden mit Sicherheit nicht auf sich nehmen würden, nur weil sie etwas wegen seines Bruder erfahren hatte. Das ging doch gut per Telefon oder hätte Zeit bis Montag gehabt. Wobei ... wenn Cal nun ... tot war, dann ... dann wäre es wohl doch ein Grund für Freunde, zu kommen und diese Nachricht nicht per Telefon zu überbringen. Und der Gedanken gefiel Woody ganz und gar nicht, sodass er sich erst einmal wieder hinsetzte und sich wünschte, Jordan hätte nicht gewunken und damit signalisiert, dass sie willkommen waren.
"Ach, das glaube ich nicht", sagte Annie. "Die Zange ist nicht gefährlich. Und falls sie doch vorhat, dir etwas damit anzutun, schmeiße ich mich schon rechtzeitig zwischen euch. Wobei ich keinen Grund sehe, dass das tun konnte. Schau mal, sie winken sogar, dass wir kommen sollen." Gut, nur Jordan winkte, während Woody sich wieder setzte, und Annie hätte schon Gründe gehabt - oder ein Gefühl, weswegen Jordan von der Zange Gebrauch machen könnte, aber das war sicher lächerlich und Davids Sorge völlig unbegründet. "Gehen wir zu ihnen", schlug sie vor und zog David einfach mit sich, während die Hand hob und winkte. "He, ihr zwei", rief sie und lächelte.
"Na ja, war ja nur so eine Vermutung," murmelte JOrdan und war froh, dass Annie ihnen in dem Moment zurief. "Hey... das ist ja eine Überraschung. Was macht ihr zwei denn hier?", rief sie zurück, nachdem sie Woody versucht hatte aufmunternd zu zulächeln. Hätte sie nur ihren Mund gehalten.
"Pff... das Ding kann leicht zur Waffe werden, ehrlich," sagte David. Ließ sich dann aber von Annie überzeugen, dass keine Gefahr bestand. Jedenfalls keine unmittelbare. "Aber du wirfst dich auf keinen Fall dazwischen, hörst du? Das regel ich schon alleine," fügte er mit einem Grinsen hinzu und ließ sich dann mitziehen...
Das glaubst aber auch nur du, dachte Annie. Und wie sie sich dazwischen werfen würde ... sie glaubte zwar nicht, dass David Jordan schlagen würde, aber man konnte ja nie wissen, was passierte. Ihr reichte eigentlich eine Prügelei, in die David involviert war. Eine zweite musste sie nicht noch haben. Aber sie nickte nur und sagte nichts dazu. "Ehrlich gesagt hatte ich noch keinen Fall, wo jemand mit einer Grillzange ermordet worden ist", sagte sie stattdessen und winkte Jordan noch einmal zu, wobei Woodys finsterer Blick ihr eher Angst machte und ihr schlechtes Gewissen regte. Sie störten ganz bestimmt. Oder waren zumindest nicht sehr willkommen.
"Es ist immer das erste Mal," sagte David, ging aber artig weiter. Und Jordan hatte ja die Zange inzwischen gesenkt. Die Gefahr schien gebannt zu sein.
Jordan wurde ein bisschen unruhig, als keiner der beide auf ihre Frage einging und stattdessen einfach weiter auf sie zukamen. Hoffentlich brachten sie nicht doch schlechte Neuigkeiten, die man lieber persönlich übermittelte als am Telefon.