"Na ja, aber das hier ist nicht Boston und die Empfangsmasten sind sicher etwas spärlicher gestreut", meinte Annie, auch wenn sie David nicht unnötig beunruhigen wollte. "Ich hab mal gelesen, dass es in Vermont oder New Hampeshire sogar noch ein paar weiße Flecken auf der Mobilfunkkarte gibt, die erst in den nächsten Jahren erschlossen werden sollen. Wobei ..." Sie zog das Handy noch mal aus der Tasche und warf einen Blick auf die Anzeige. "Hier haben wir noch vollen Empfang. Dann sollte es auf dem See auch funktionieren. Zur Not behalte ich die Anzeige im Auge und wir rudern ein Stück zurück, sobald die schwächer wird. Wäre das eine Idee?"
"Ja, also du sitzt dann die ganze Zeit im Boot, starrst das Display an?", bei der Vorstellung musste David gleich wieder grinsen. "Während ich den See und den Wald genieße? Hm... nicht gerade meine Vorstellung eines entspannten Ausfluges," sofern sie das überhaupt nach dem heutigen Tag überhaupt noch waren - entspannt.
"Na ja", meinte Annie seufzend. "Ganz so müssen wir es auch nicht machen. Wir können ja zwischendurch immer mal wieder den Empfang kontrollieren. Und in der Zeit dazwischen, paddelst du und ich genieße die Aussicht. Oder wir paddeln zusammen. Wobei ich dich gleich warnen muss. Ich bin noch nie mit einem Tretboot gefahren und ich kann nicht dafür garantieren, dass ich es nicht zum Kentern bringe." Was ja eigentlich nur zum Tag gepasst hätte, wenn sie pitschenass von der Wasserrettung an Land gebracht worden und in nassen Klamotten zu ihrer Hütte zurück mussten. Vielleicht war die Bootstour doch keine so gute Idee ...
"Ja, das merkt man. Denn im Tretboot paddelt man gar nicht... und stimmt... ich wollte ja ein Tretboot und nicht rudern," sagte David durcheinander. Vor lauter paddeln, rudern, treten. "Aber mach dir keien Sorgen, so leicht bringt man die nicht zum Kentern, außer man stellt sich hin und schauckel. Solche Scherze. Jackson hätte das mal fast hinbekommen, als er uns vor lauter Begeisterung die Fische zeigen wollte und absolut nicht eingesehen hat, wieso man ruhig sitzen bleiben muss. Also von daher hab ich ganz gute Erfahrungen in solchen Booten. Du kannst mir blind vertrauen."
"Das tue ich doch sowieso", sagte Annie und lächelte, während sie sich versuchte, Davids Erinnerung bildlich vorzustellen. Dass neben ihm und Jackson noch andere Personen im Boot saßen - schließlich hatte er 'uns' gesagt - ignorierte sie dabei jedoch großzügig. Daran musste sie nicht unbedingt denken und sich die Laune verderben lassen. "Ich hoffe, der kleine Mann ist nicht ins Wasser gefallen und Daddy musste ihn retten", meinte sie und schwieg auch darüber, dass sie gerade erst ein ähnliches Szenario im Kopf gehabt hatte.
"Nein, Gott sei Dank nicht. Wir konnten ihn gerade noch festhalten, das Boot irgendwie unter KOntrolle halten und dabei zusehen, wie der ganze Keks-Proviant als Fischfutter endete. Ich hatte ja bis dahin keine Ahnung, wie dramatisch so ein Verlust für einen kleinen Kerl sein kann. Sonst hätte ich die Kekse statt Jackson festgehalten," fügte er mit einem Schmunzeln hinzu. "Apropos Kekse... hast du Lust?", er deutete zum Kios. "Ich meine willst du noch etwas essen oder trinken? Wir haben ja vorhin bei.. ehm... kaum was angerührt?"
"Man setzt für die Kleinen eben immer die falschen Prioritäten", meinte Annie schmunzelnd und hatte erneut das Bild von einem heulenden Jackson vor Augen, der sich beschwerte, keine Kekse mehr zu haben, statt sich darüber zu freuen, noch im Trockenen zu sitzen. Da wär sie gerne bei gewesen und sie hoffte, dass sie eines Tages die Gelegenheit dazu haben würde, mit David und seinem Sohn etwas zu unternehmen. Aber dazu musste erst einmal der Prozess über die Bühne gegangen sein und so manch andere Sache, über die Annie jetzt nicht weiter nachdenken wollte. Deswegen war sie über Davids Ablenkung ganz froh, schüttelte aber den Kopf. "Ich hab keinen Hunger", sagte sie. "Aber du ... wenn du etwas möchtest, können wir gerne das Angebot studieren und uns etwas aussuchen. Von mir muss du dich da nicht abhalten lassen."
"Wirklich nicht? Auch wenn wir gerade von Diät gesprochen haben? Das kommt mir... na ja, so widersprüchlich vor," sagte David mit einem Seufzen und hörte sein Magen knurren. Also was sollte er machen? Er hatte hunger, er hatte eigentlicht ständig hunger und Streit hin oder her, so wirklich ausmachen tat ihm das nichts. Außer Annie und er stritten, aber das war etwas ganz anderes. "Und hältst du mich für so unsensibel, wenn ich gestehe, dass mir die Sachen nicht so auf den Magen geschlagen haben?"
"Nein, das ist schon in Ordnung", sagte Annie lächelnd. "Es geht gar nicht ... also ... ich habe einfach keinen Hunger. Hat nichts mit dem Streit zu tun. Wirklich. Ist es okay. Lass und nachschauen gehen, was es für dich gibt." Es stimmte zwar nicht ganz, dass der Streit nichts mit ihrem fehlenden Hunger zu tun hatte, aber es lag nicht nur daran. Ihr war einfach nicht nach Essen zumute.
"Okay, wenn du meinst...," sagte David zweifelnd und war nicht so davon überzeugt, wie Annie vielleicht hoffte, dass er es war. "Aber wenn sie wirklich nur diese weichen Sandwiches haben, lauf ich schreiend davon.. oder nein warte... nicht schreiend. Nachher bestehst du noch darauf, dass ich das tue."
"Oh, und ob ich darauf bestehen würde", sagte Annie grinsend, bevor sie seufzte und Davids Hand drückte. "He, es ist wirklich okay. Ich habe keinen Hunger. Wirklich nicht. Und das liegt nicht am Diätwahn, mit dem du mich infiziert haben könntest und auch nicht an dem blöden Tag. Es ist einfach ... ich möchte mir noch etwas Platz im Magen lassen für unser BBQ. Machst du auch wieder Burger?"
"Ja, dachte ich mir eben," sagte David mit einem Schmunzeln und ließ sich Annies Frage dann kurz durch den Kopf gehen. An Burger hatte er zwar gedacht, aber da gab es leider einen kleinen unschönen Haken daran. "Und wegen dem BBQ... ich glaube Burger wären.. ungeschickt. Der arme Garret bekommt doch niemals mit ... seinem Kiefer einen Burger herunter. So einfach können wir es uns dann auch nicht machen. Eine Suppe wäre wohl das beste. Aber Garret könnte das als Beleidigung sehen und.. hm... ich glaube ich muss mich da auaf ein paar leckere Sossen beschränken und Fleisch."
Ich beschwere mich nochmal, in der Hoffnung, dass es hilft: Das Forum schickt wieder keine Mails
14.18 Uhr, Annie
"Oh, daran hab ich gar nicht gedacht", meinte Annie erschrocken, auch wenn sie in Wirklichkeit überhaupt nicht an das Essen mit Renee und Garret gedacht hatte, sondern eigentlich nur sie beide am Grill gesehen hatte. Weil sie irgendwie immer noch das dumpfe Gefühl hatte, dass es kein lustiges Treffen zu Viert - oder Fünft - geben würde. Aber ganz ohne die beiden konnten sie deswegen auch nicht planen, weswegen Annie ein ziemlich schlechtes Gewissen bekam. "Dann ... ähm ... machen wir doch ein paar Würstchen dazu", schlug sie vor. "Die kann man immer essen. Und sogar lutschen, wenn es sein muss. Also die ... die Bratwurst", fügte sie stammelnd hinzu und verzog das Gesicht. "Das klang jetzt irgendwie völlig falsch, oder?"
"Oh, also für mich klang das völlig richtig... und könnte mich dazu bringen, das mit dem schönen Fleckchen im Wald noch einmal zu überdenken," sagte David mit einem sehr, sehr breiten Grinsen. Aber ein großer Teil davon rührte auch davon her, dass er sich Garret mit einer Wurst im Mund vorstellte und wie der Arme daran lutschte. Annie war schon gemein... "Nein, ernsthaft... also falls wir mit den beiden grillen sollten, dann müssen wir uns was einfallen lassen. Falls nicht... steht Burgers nichts im Weg."
Da steht nichts. War aber beim letzten Mal auch so. Na, egal. Ich wollte mich eh gleich verabschieden
14.19 Uhr, Annie
Annie fühlte sich wegen Davids Grinsen nur noch verlegener und sie konnte ihn kaum ansehen. Furchtbar, dass ihr guter Vorsatz, erst zu denken, dann zu sprechen, immer genau im falschen Moment versagte und sie solch komischen Dinge von sich gab. Zum Glück waren sie alleine und zum Glück war David es schon von ihr gewöhnt. Sonst wäre es erst recht peinlich geworden. "Dann würde ich sagen, warten wir einfach ab, wie sie sich entscheiden und plündern so lange für dich das Kiosk", schlug sie vor, als David liebenswerterweise wieder zum Thema zurückkam. "Und alles andere verschieben wir sowieso auf später. Heute Abend oder heute Nacht." Das musste sie dann doch noch hinzufügen. Nur um David ein bisschen zu quälen und um sich damit für das Grinsen zu revanchieren.