„Oh, Jordan war schon bei euch“, sagte Annie und schluckte. Das war gar nicht gut … Überhaupt nicht. Das hatte sicher eine kleine Katastrophe gegeben. Kein Wunder, dass Renee so durcheinander war und nichts in Ordnung schien. Dass Jordan allerdings wohl eher durcheinander gewesen war und nicht wütend, verwirrte Annie dann doch und sie sah fragend zu David. „Ähm … also … wir haben sie und Woody getroffen und erst … erst wollten wir nichts sagen, aber dann haben wir ihnen doch beichten müssen, was passiert war und wir haben ziemlich … gestritten und sie hat ein paar Dinge gesagt, die wehtaten, dann habe ich wohl ein paar Dinge gesagt, die ihr wehtaten und dann haben sie uns rausgeschmissen und wir sind gegangen. Wieso ... was … was hat sie denn gesagt?“
"Wenn du es ihm sagen willst, kannst du das gerne tun", sagte Annie zögernd, auch wenn sie eigentlich das Gegenteil wollte. Was brachte es denn, wenn Garret davon wusste, dass seine beiden Freundinnen - oder ehemaligen Freudinnen, je nachdem wie er mittlerweile zu ihr stand - gestritten hatten und er das Objekt dieses Streits gewesen war. Er würde sich doch nur noch mehr Sorgen machen, statt sich auf sich zu konzentrieren. Aber verbieten konnte sie es Renee natürlich auch nicht. "Aber ... es war nicht so schlimm wie es sich vielleicht anhört. Jordan wollte uns einfach nicht zuhören und Gründe erfahren. Sie war zu sehr damit beschäftigt, David für die Sache zu verachten und mich dafür, dass ich zu ihm gehalten habe und noch halte. Das war ... ich weiß auch nicht. Der ganze Tag ist daneben und das war nur ein weiterer schmerzhafter Höhepunkt." Sie seufzte leise. "Aber wenn du es Garret sagst, dann sag ihm bitte auch, dass wir nicht mit dieser Sache hausieren gegangen sind und es dem erstbesten erzählen mussten. Das stimmt nämlich nicht. Wir wollten es den beiden gar nicht sagen. Also ich wollte es nicht tun und David hat gezwungenermaßen zugestimmt. Aber dann ... sie hätte Garret spätestens am Montag gesehen und dann eh alles gewusst. Deswegen haben wir doch den Mund aufgemacht. Petzen oder angeben wollten wir auf keinen Fall. Mach ihm das bitte klar, ja?"
"Ja, und genau deswegen brauchten wir dieses zusätzliche nicht auch noch", sagte Annie leise und seufzte. Dass Renee nicht davon ausgegangen war, dass sie lästern würden, beruhigte sie ein wenig, aber das hieß leider noch lange nicht, dass Garret es genau so sah. Obwohl ... er war hier das Opfer und sie beide hatten etwas, wofür sie sich schämen mussten. Wenn Garret damit hausieren gegangen wäre und alle mit dem Finger dann auf sie gezeigt hätten, hätte man annehmen können, er lästere. Aber umgekehrt? Die Sache war nichts, auf das sie stolz waren, deswegen ... warum war sie eigentlich darauf gekommen? Irritiert kratzte Annie sich am Kopf und schüttelte diesen dann. "Es ist ... also ... danke, Renee. Das ist wirklich lieb von dir und ... ähm ... möchtest du David nochmal sprechen? Oder du mit ihr?" Die letzte Frage war an David gerichtet, als kleines Zeichen dafür, dass sie ihn nicht vergessen hatte.
David war erleichtert gewesen, als der zweite Anrufer tatsächlich Renee war, beunruhigt war er jedoch gleich wieder, als Annie vom Krankenhaus sprach und von Jordan, die offenbar doch Renee und Garret angetroffen hatte. Aber Annie wirkte nur ein wenig beunruhigt und das war dann wohl doch kein all zu schlechtes Zeichen dafür, was mit Jordan vorgefallen zu sein schien. Aber er würde warten müssen, bis Annie austelefoniert hatte, um nachzufragen. Als sie ihn dann jedoch fragte, ob er mit Renee sprechen wollte, schüttelte er nur mit dem Kopf.
"Frag sie einfach, ob sie wirklich, also wirklich in Ordnung ist und ob sie uns später brauchen. Oder hat sie das schon gesagt?"
Annie nickte und schüttelte dann den Kopf, um David zu antworten, ohne Renee durch ihre Worte durcheinander zu bringen und nahm das Handy wieder vom Ohr. "Also David möchte auch nicht unbedingt", sagte sie. "Dich aufhalten, meine ich. Aber ... du sollst mir noch mal ehrlich sagen, dass mit dir wirklich alles in Ordnung ist. Offen und ehrlich. Und was mit später ist. Ob wir vorbeikommen sollen oder es euch lieber ist, Abbys Handy irgendwo zu verstecken. Möchtest du das ihm sagen oder mir?"
"Sicher komme ich später mit vorbei", sagte Annie ohne zu Zögern. "Du bekommst uns ab sofort nur noch als Doppelpack. Es sei denn, du bestehst, auf eine Einzelaudienz, dann mache ich eine Ausnahme. Hatten wir das nicht vorhin erwähnt?" Sie grinste kurz, auch wenn Renees Worte sie eigentlich traurig machten und ihr gar nicht nach Grinsen oder Scherzen zumute war. Da am anderen Ende der Leitung war absolut gar nichts in Ordnung und Renee hatte sie jetzt mehr verunsichert, als beruhigt. Und wenn sie das jetzt David so weitergab, dann würde er ebenfalls beunruhigt sein. Aber sie musste es ihm sagen. "Renne möchte dich später sehen, Schatz", sagte sie zu David, ohne das Handy vom Ohr zu nehmen, damit Renee dieses Mal mithören konnte. "Sie braucht deinen Rat und ... es ist gar nichts in Ordnung, aber sie möchte nicht am Telefon reden. Sie sitzt mit drei Macys im Wagen und ich denke, anhand der Geräuschkulisse ist es verständlich, dass sie nicht weiter reden möchte. Erstmal. Wäre das okay für dich oder ... möchtest du doch mit ihr sprechen." Sie kam sich irgendwie vor wie eine Brieftaube, die Nachrichten hin und herschickte und fand das irgendwie ziemlich lächerlich.
"Oh weißt du was," sagte David, nachdem er Annie zugehört hatte und ziemlich unruhig und auch neugierig wurde. "GIb sie mir einfach kurz, ja? Wenn das okay für dich ist?", bevor Annie hier ständig Flüsterpost spielen musste, konnte er auch gleich direkt mit Renee telefonieren und das Nötigste klären.
"Gerne", sagte Annie erleichtert und reichte das Telefon an David weiter, ohne Renee von dem Gesprächswechsel zu informieren. Sie hatte entweder eh gehört, um was es ging oder sie merkte es jetzt, wenn David sie ansprach. Wie auch immer ... Annie war es egal. Sie hoffte nur, Renee war ihr später deswegen nicht böse, weil sie einfach über ihren Kopf hinweg entschieden hatte.
"Danke, Schatz," sagte David breit lächelnd und senkte kurz seine Stimme, ehe er nach dem Handy griff. "Ich machs aus kurz...Hey Renee," sagte er gleich wieder lauter, als er das Handy ans Ohr nahm. "Annie denkt es ist besser wenn du mir direkt sagst, was du willst..."
"Ja, natürlich verstehe ich das," sagte David, aber war gar nicht so ruhig wie er klang. Renees Worte machten ihn unruhig und die Zuversicht, dass Garret und Renee Dinge klären konnten war dahin. Vielleicht war Renee auch schlimmer verletzt? Durch seinen Schlag vielleicht und sie schämte sich vor den Macys darüber zu reden? auch keine schöne Sache... "Aber.. aber könntest du zumindest andeuten um was es geht? Garret? Eure Beziehung? Deine Gesundheit?"
"Bitte, Honey", sagte Annie grinsend und trat einen Schritt beiseite, um David Ruhe zu geben, damit er mit Renee sprechen konnte. Als sie jedoch merkte, dass er alles andere als ruhig war und ziemlich nervös reagierte, trat sie wieder zu ihm und griff nach seiner freien Hand, um sie zu drücken. Mehr wollte sie nicht tun. Ein bisschen Kontakt, damit er wusste, dass sie für ihn da war und gerade soviel, dass er selber entscheiden konnte, ob es ihm reichte, er mehr wollte oder weniger. Hoffentlich bekam er aber aus Renee mehr raus als die Andeutungen, mit denen sie abgespeist worden war. Sonst würde er sich sicher für die nächsten Stunden nicht mehr beruhigen.
David schenkte Annie ein kleines, dankbares Lächeln, als sie an seine Seite trat und nach seiner Hand griff. Die Nähe hatte er bitter nötige, gerade weil er seine Befürchtungen wegen Renee und Garret bestätigt bekam. Aber da Renee nicht reden konnte und wollte, musste David sich mit der Auskunft zufrieden geben. Er hätte natürlich ein ja/nein Spiel beginnen können, aber das hätte sicher auf der anderen Seite im Wagen auch zu Fragen geführt. Später war leider nur so ein dehnbarer Begriff. Und sie wussten ja alle wie lange man im Krankenhaus in einer Notaufnahme herumsaß und Däumchen drehte, während man darauf wartete, dass einen zig andere Patienten ansteckten, ehe man endlich dran kam.
Er drückte daher Annies Hand ein wenig fester, als er sich dazu durchrang Renees Bitte nachzukommen.
"Okay, alles weitere später. Du rufst an, sobald ihr fertig seid und wir kommen dann sofort. Versprochen," mehr konnte er auch gar nicht tun. Und als sich Renee auf der anderen Seite auch schon verabschiedete, tat er es ihr gleich und legte auf. Er brauchte allerdings einen Moment, ehe er Annie das Handy zurückreichte und sich mit einem kleinen Räuspern den Mut machte, ihr zu sagen, was Renee angedeutet hatte. "Sie meldet sich später. Aber das hast du ja mitbekommen. Und... ich weiß nicht... ich weiß ich hab euch versprochen mich zu benehmen und mich zu beherschen, aber könntest du mich da späte rnoch einmal daran erinnern? Bevor wir zu Renee und Garret gehen? Ich glaube da ist nämlich gar nichts in Ordnung. Renee wollte nichts sagen, weil sie nicht alleine ist, aber... mir hat es schon wieder gereicht."
Als David ihre Hand drückte und ihr dankbar zulächelte, wusste Annie, dass sie das richtige getan hatte und war zumindest ein bisschen beruhigt. Nur bei David funktionierte das wohl nicht ebenfalls so, denn er wirkte immer noch nervös und beunruhigt, und als er so lange brauchte, bis er ihr das Telefon zurückgab und erstmal nichts sagte, wurde Annie ganz hibbelig und wusste nicht, was sie sagen oder tun sollte. Sie befürchtete schon das Schlimmste und wurde dann von seinen Worten leider nicht eines Besseren belehrt. „Was … genau meinst du?“, fragte sie vorsichtig. „Was hat sie denn gesagt, dass dich schon wieder gegen Garret so aufbringt. Ich dachte, sie konnte nichts sagen und … du regst dich auf und läufst Gefahr wieder zuzuschlagen, weil du Vermutungen hast? Ohne konkrete Informationen und ohne die genauen Hintergründe zu kennen? Schon wieder? Findest du das okay und fair? Wir wissen doch gar nicht, was passiert ist. Vielleicht hat Garret ja auch gar nichts gemacht und Renee war einfach diejenige, die ihren Standpunkt, dass sie eine Pause brauchen, weiter durchgezogen hat, ohne dass Garret sie vom Gegenteil überzeugen konnte. Das ist doch … dann nicht seine Schuld, oder?“, fragte sie leise und senkte den Blick, damit David nicht unbedingt mitbekam, wie enttäuscht sie war, dass er gleich wieder in das selbe Schema zurückfiel, obwohl er vorhin noch tiefe Reue gezeigt hatte. Gut, er warnte sie vor und das war zumindest schon etwas. Aber sie hatte trotzdem keine Lust und keine Kraft dazu, ihren Freund an die Leine zu nehmen oder die ganze Zeit alarmiert neben ihm zu sitzen, um ihn notfalls schnell zurück zu halten, weil er eine tickende Zeitbombe war. Nein, unter den Umständen würde sie nicht zu Renee gehen. Und David auch nicht. Sie konnten Renee abholen und zu sich einladen, aber mehr nicht. Auf keinen Fall wollte sie noch so ein Treffen, wo sich alles vom Mittag wiederholte.
"hey... ich hab nicht gesagt, dass ich auf Garret los gehen möchte, okay? Nur das ich beunruhigt bin und mich später vielleicht vergessen könnte... verbal. Falls es doch an ihm liegt, okay?", David wusste ja, dass nach der Vergangenheit zu beurteilen Annie jedes Recht der Welt hatte gleich vom Schlimmsten auszugehen, aber ein bisschen kränkte es David schon. Schließlich hatte er vorhin ein Versprechen gegeben, was das Prügeln anging, das nahm er ernst. Alles andere... dafür konnte er keine Garantie übernehmen. Egal wer schuld hatte. "Und ich weiß auch nicht mehr, als das was Renee gesagt hat. Das sie einen Rat braucht, wegen Garret und deswegen nichts in Ordnung sei."
"Na, und deswegen solltest du auf jeden Fall erst mal abwarten, was für einen Rat sie braucht und worum es genau geht", meinte Annie vorsichtig. Sie sah wieder auf und lächelte David entschuldigend an. "Ich wollte dir nichts unterstellen und gehe auch nicht davon aus, dass du dich gleich wieder prügelst, aber verbal kann genau so weh tu wie körperlich. Und es wäre wirklich für uns alle besser und gesünder, wenn wir uns erstmal anhören, um was es geht und dann entscheiden. Statt gleich wieder blind auf jemanden loszugehen - verbal oder schlimmer. Ich denke, wenn Renee nach allem noch will, dass du vorbeikommst und wenn sie trotz allem noch deinen Rat will und mit dir über Dinge, die sie und Garret betreffen, reden will, dann kann es doch nicht so schlimm sein. Hast du daran schon mal gedacht? Ich meine, sie kennt dich doch am Besten von uns allen und weiß, dass du dich ... vergessen könntest. Und wenn sie das Risiko dennoch eingeht, dann hat das einerseits sicher mit Vertrauen zu tun, aber andererseits wird es auch nicht so ein großes Problem sein, bei dem sie Rat braucht. Sonst würde sie dich sicher raushalten wollen. Denkst du nicht auch?"