Maggie stöhnte innerlich auf, als Garret seine Aufmerksamkeit plötzlich doch auf sie richtete, statt sie wie bisher in Ruhe zu lassen und mit ihrer kleinen Ausrede zu leben. Es wäre auch zu schön gewesen … Dass er dann jedoch Abby gleich wieder etwas unterstellte und Abby sich – ziemlich unfair – wehrte, gefiel ihr dann noch weniger und sie drehte sich zu Garret, um ihn gequält anzusehen. „Es wäre wirklich alles in Ordnung gewesen, Garret“, sagte sie. „Wenn du nicht gefragt und Abby etwas unterstellt hättest. Sie hat nichts verbrochen. Nur etwas gefragt und eine Antwort von mir bekommen, die ihr nicht gefallen hat. Deswegen war – oder ist – sie beleidigt. Aber …“ Sie drehte sich etwas weiter, um Abby kurz anzusehen. „Ich habe nicht gesagt, du sollst mich alleine und in Ruhe lassen. Das hast du mir jetzt wieder unterstellt und das finde ich nicht in Ordnung. Du bist abgehauen, weil du beleidigt warst. Nicht, weil ich verlangt habe, mich in Ruhe zu lassen. Ich habe lediglich abgelehnt, dass du den Rest des Wochenendes bei mir verbringst. Mehr nicht. Es war nie die Rede davon, dass ich hier und jetzt nichts mehr mit dir zu tun haben will. Aber wenn du so drauf bist wie gerade sollte ich mir das wohl noch mal überlegen …“ Und damit drehte sie sich wieder nach vorne, um auf den Verkehr zu achten, und verfluchte Garret innerlich dafür, dass er die Sache nicht einfach hatte ruhen lassen. Denn sowohl die Frage, als auch die Unterstellung waren mehr als unnötig gewesen.
Renee seufzte leise, als im WAgen auf einmal die Stimmung ganz gewaltig umschlug, weil Garret mit dem sicher nur gut gemeinten Versuch die Lage zu klären, alles nur schlimmer machte. Sie murmelte etwas von 'unbedingt David anrufen' und beschloß sich herauszuhalten. Und das ging am Besten, in dem sie sich in ein TElefonat rettete und sich ablenkte, anstatt ungewollt erneut Zeugin von einer unangenehmen Situation zu werden. Sie suchte nach ihrem Handy und stieß dabei auf ein altes, halb angefangenes Tablettenblatt, was ihr zum einen Maggies Stimmungsschwankungen ins Gedächtnis mehr mit Fokus rücken ließ und sie zum anderen den völlig unvernünftigen Gedanken im Kopf hatte, dass eine Tablette nicht schaden könnte. Nur eine. Und dann? Dann war sie nicht besser, als all die Anwesenden. Nein, das war eine ganz dumme Idee und sie ließ das Tablettenblatt gleich wieder in den Tiefen ihrer Tasche verschwinden, um nach dem Handy zu greifen. Sie hatte die letzten Wochen auch ohne Schmerzmittel über die Runden bekommen. Da wollte sie hier nicht wieder damit anfangen.
Sie suchte nach Davids Nummer, bis ihr einfiel, dass er ja ga kein Handy dabei hatte und sie Abbys Handy bei sich hatten. Also rief sie Abbys Nummer auf und ließ es klingeln.
--> Handy Abby
"Oh das ist überhaupt nicht... richtig," sagte Abby ein wenig aufgebrachter, und ignorierte die letzte Bemerkung von Maggie, auch wenn sie schon ein bisschen wehtat. "Du hast gesagt, dass du hierher gekommen bist, um alleine zu sein. Und das hast du mir nicht erst im Supermarkt zu verstehen gegeben, sondern auch vorhin schon als du mich vom per Anhalter fahren abgehalten hast. Vielleicht bin ich deswegen ja eingeschnappt, aber trotzdem bin ich auch deinem Wunsch nachgekommen. Wieso gemeinsam einkaufen, wenn ich doch nur deine Ruhe störe? Aber bitte, wenn du nichts mehr mit mir zu tun haben willst, mir doch egal." Und änderte ja auch nichts an der Situation.
Großartig. Ganz toll. Er hatte nur versucht diese merkwürdige Stimmung im Wagen zu lösen und hatte gleich wieder dafür gesorgt, dass Maggie und Abby übereinander herfielen. Als wäre der jeweils andere ein willkommenes Ventil für all den Frust der letzten Wochen. Trotzdem versuchte er ein paar Dinge auf die Reihe zu bekommen, die man ihm gerade in ein paar wenigen Sätzen um die Ohren gehauen hatte. Da waren ein paar INformationen zu viel dabei gewesen.
"Es tut mir leid, wirklich. Ich wollte niemanden etwas unterstellen. Ich dachte doch nur weil Abby doch immer.. weil ihr beide... also Moment... du willst nicht mehr mit zurück zu uns kommen? Du würdest lieber ausziehen?," und was war das mit dem per Anhalter fahren? Hatte Maggie nicht gesagt, es wäre alles in Ordnung gewesen, sie habe Abby auf der Straße eingesammelt? "Und du bist vorhin was?"
„Mein Gott, Abby!“ So langsam reichte es Maggie. Und zwar gewaltig. Ihr ging die ganze Sache so was von auf die Nerven, dass sie am liebsten scharf gebremst hätte und ausgestiegen wäre, um zu Fuß zu ihrer Hütte zu gehen. Oder bis nach Boston zurück. Oder nach Kanada, wo sie niemanden kannte und sich mit niemandem befassen musste. Ja, das wäre ein schöner Gedanke. Aber leider nur ein Gedanke und absolut nicht machbar. „Warum glaubst du, hab ich angeboten, mit einkaufen zu gehen?“, fragte sie und ignorierte dabei völlig, was Garret sagte oder fragte. „Wenn ich alleine sein wollte, hätte ich das nicht getan. Und warum glaubst du, bin ich hier? Weil ich alleine sein will? Wohl kaum, oder? Also krieg dich jetzt verdammt noch mal wieder ein und hör auf, wieder das arme kleine Opfer zu spielen, dem alle nur böses wollen. Mach endlich die Augen auf und schau dir an, was wirklich passiert und seh nicht immer nur das böse und das, was dir gefällt, weil es dich so schön als armes Opfer hinstellt. Ja, ich habe gesagt, dass ich das Wochenende alleine verbringen will. Nachher in meiner Hütte. Nicht hier und nicht jetzt. Sonst wäre ich nicht hier und sonst wäre ich auch nicht mit dir im Supermarkt gewesen. Und es kotzt mich langsam wirklich an, dass ich mich hier immer und immer wieder rechtfertig muss. Mach nur weiter so und es tritt wirklich das ein, was du dir die ganze Zeit schon einredest. Dann will ich nämlich wirklich nicht mehr.“
Alle drei zuckten leicht bei Maggies Wortn zusammen und Renee sehnte sich David oder Annie ans Telefon, während Abby erst recht ein beleidigtes Gesicht zog und Garret sich wirklich wünschte, den Mund gehalten zu haben.
"Dad hatte dich gebeten mitzugehen, um mir wegen meinen Gips zu helfen," stellte Abby bloß aus Trotz richtig und fühlte sich wirklich ungerecht behandelt. Es war wie in den letzten Wochen auch. Man konnte es ihrer Mutter einfach nicht mehr recht machen. Hielt man sich an ihre Wünsche war es genauso verkehrt wie wenn man sie mit Füssen treten würde. Toll. Und jetzt kam sie schon wieder mit der Leier des armen, kleinen Opfers. Als das sah sie sich nicht unbedingt. Na gut, ein kleines Stückchen vielleicht. Aber sie hatte doch recht? Keiner wollte sie wirklich. Ihren Dad hielt sie nur von seinen ach so wichtigen Problemen mit Renee ab, und ihre Mutter kämpfte um jeden Preis um ihr Wochenende alleine. Ohne Rücksicht auf Verluste. Aber die bekam sie gerade. Ihr war es inzwischen nämlich egal, wo sie die nächsten schrecklichen 24 Stunden sein musste. Nur eines war sicher - am Montag, die KLinik. Und dann würde sie mit keinem der beiden mehr etwas zu tun haben wollen. Vielleicht trat ja dann die Heilung schneller ein, wenn sie die Ursache aus ihrem Leben auskränzte? Das war vielleicht hart und im Moment dachte sie darüber auch eher aus Enttäuschung und dem Gefühl ungerecht behandelt zu werden nach, aber tief in sich wusset sie, dass sie darüber schon längst, vor Wochen, als sie die KLinik in Erwägung gezogen hatten, eine Entscheidung gefällt hatte.
"Und was erwartest du bitte schön von mir in meiner Situation? Dass mir dein Nein am.. du weißt schon.. vorbeigeht? Bitte... dann gehen wir noch einmal zurück an das Fleischregal, du sagst mir, dass ich selbst Schuld bin, weil ich mitgefahren bin und ich meinen Plan hier mit Dad zu sein gefälligst umsetzen soll, weil du hier alleine sein möchtest. Okay, Nein akzeptiert, hab eh damit gerechnet, und tu ab jetzt so, als wärst du gar nicht hier und Dad, nein ich will nicht ausziehen, ich bleib weiterhin in der Schnapsburg und seh mit an wie du alle Mauern um dich herum weiteraufbaust. Zufrieden?", nein zufrieden war Abby nicht. Aber was sollte sie tun? Gegen ihre Mutter kam sie einfach nicht mehr an und sie tat das einzige was ihr in der Situation noch übrig blieb - um sich zuschlagen.
Garret saß während den Worten, die hin und her folgen, einfach da, akzeptierte, dass keiner seine Fragen beantwortete und bedauerte das Gefecht, das er wohl ausgelöst hatte. Gut fühlte er sich dabei nicht und das Maggie und Abby sich gerade mehr oder weniger gegenseitig die Freundschaft kündigten, machte die Sache nicht besser.... aber was konnte er tun, um es aufzuhalten? Darin war er doch schon in den letzten Wochen gescheidert.
"Oh, nein", sagte Maggie. "So ist das nicht gewesen. Du biegst es dir gerade wieder so schön hin wie du willst." Und ich weiß wirklich nicht, warum ich überhaupt noch etwas sage und versuche, dich vom Gegenteil zu überzeugen ... "Ich hatte angeboten, mitzugehen und den Drugstore zu erledigen. Und danach wäre ich so oder so mit in den Supermarkt gegangen. Auch ohne dass dein Dad mich darum gebeten hätten. Also ... tu dir und uns allen den Gefallen, und hör auf, dich selber zu belügen, indem du dir etwas einredest, was so nicht passiert ist. Und wegen der Fleischtheke: Ich stehe zu dem nein. Und wenn du es nicht hättest hören wollen, dann hättest du die Frage nicht stellen müssen. Schließlich wusstest du, dass ich nicht zu deiner Rettung hier bin, sondern weil ich Urlaub machen wollte. Alleine. Das hatten wir vorhin schon im Wagen geklärt, als du abhauen wolltest und ich zufällig vorbei kam. Und ja, Garret" - sie wandte sich an ihren Exmann - "sie wollte per Anhalten nach Boston zurückfahren. Abhauen. Weil niemand auf sie aufgepasst hat und weil sie das Gefühl hatte, nicht gewollt zu sein. Sie ist mit euch hierher gekommen und ihr solltet euch auch umeinander kümmern, sodass niemand sich ausgeschlossen fühlen muss und wegläuft."
"Am besten sag ich gar nichts mehr," murmelte Abby sauer und sah zum Seitenfenster hinaus. War doch wahr. Als wenn ihre Mutte das hier alles so freiwillig und mit Freude tat, wie sie behauptete. Wen wollte sie denn damit belügen? Sich? VIelleicht. Sie, Abby, ließ sich davon aber nicht täuschen. Nicht nach der Autofahrt und dem Gespräch darüber wie alleine ihre Mutter sein wollte, sich nach Ruhe sehnte und Abby nicht in der Hütte wollte.
"Hey, langsam," sagte Garret eine Spur ärgerlicher, als er klingen wollte. Aber er hatte keine Lust jetzt den ganzen Ärger abzubekommen und wollte das gleich signalisieren. "Wir kümmern uns. So gut wir können. Aber ich kann nichts dafür, dass unser schönes Hotel zu hat, dass wir gezwungen sind mit einer Notlösung zu leben. Ich habe versucht das Beste daraus zu machen, aber keiner hat sich bisher groß darauf eingelassen. Es ist nicht meine Schuld alleine, oder die von Renee oder von Abby. Es gehören immer ein paar mehr dazu. Aber ich gebe zu, es könnte besser laufen, aber deswegen müsst ihr euch beide doch nicht streiten? Ich habe eben nur versucht ein bisschen zu helfen. Wenn es schon bei uns nicht funktioniert. Also bei Abby und mir meine ich," sagte Garret und sah hilfesuchend zu Renee, die allerdings am Handy hing und sich scheinbar ausgeklingt hatte. Aber der Angriff von eben galt ihr genauso wie ihm.
"Es stimmt was Garret sagt," Renee hatte sich nicht einmischen wollen, aber das es noch im Handy tutete, und Garret schon so zu ihr sah.. welche Wahl hatte sie da? Nun sie konnte ehrlich sein, auf ihre Art. "Wir tun alle unser bestes dafür, dass es nicht funktioniert. Abby hat Null Bock, ich bin überaus begeistert über die freie Natur und Garret flüchtet sich in Alkohol. Es könnte in der Tat besser sein. Aber wenn wir ehrlich sind, ist es bis jetzt genauso gelaufen wie wir es erwartet hatten - Abby hatte Angst zu stören, und ja, sie stört. Garret und ich kamen bisher nicht dazu ein einziges zusammenhängendes Gespräch zu führen, weil sie sich ständig aus Angst vor Ausgrenzung dazwischendrängt, ich hatte Angst Garret und Abby im Weg zu stehen, und ja, das tue ich. Die beiden haben sich nicht einen einzigen Schritt angenähert, im Gegenteil, sie haben einen noch größeren Keil zwischen sich getrieben, weil ich ständig auf Abstand gehe, damit die beiden Luft haben, worüber Garret wieder so verärgert ist, dass er Abby nicht richtig zuhört. Und Garret hatte Angst bei mir und bei Abby zu versagen, und ja, auch das ist ihm gelungen. Die beiden reden nicht mehr miteinander und ich habe... gekündigt. EIne schreckliche Bilanz, wenn wir ehrlich sind," Renee hatte bei ihren Worten nicht eine Miene verzogen, noch klang sie überaus amüsiert oder ernst, dafür war der alte zynische Ton in ihrer Stimme, der aber wich, als sie sich mit einem Seufzen etwas nach vorne beugte. "Ich weiß nicht wie wir das Wochenende überstehen sollen, noch weiß ich was ich zu dieser Sache hier sagen soll, um euch zu helfen, bis auf eines - um wenigstens für Abby ein bisschen falschen Trost zu finden - es ist einfach so, dass es Mütter gibt, die einfach nicht auf ihre Töchter hören wollen, weil sie sich mit allem alleine gelassen und überfordert fühlen, weil sie nicht einsehen wollen, dass sie genauso Fehler machen können oder Dinge einfach anders sehen wollen, als sie sind, ob sie dabei im Recht sind oder nicht, spielt keine Rolle, aber ich weiß worin das enden kann - das man plötzlich nur noch Besuche an Thanksgiving bekommt, eine Karte zu Weihnachten, vielleicht auch einen Anruf zum Geburtstag und irgendwann, in 20 Jahren, weiß keiner mehr so recht, wieso man nicht mehr miteinander redet und wenn man mehr als zwei Sätze miteinander wechselt gleich in Streit ausbricht. Wenn ihr das beide wollt, macht ruhig so weiter, ihr seid auf dem besten Weg dorthin und.. oh," in dem Moment klickte es in der Leitung und eine weibliche Stimme meldete sich unsicher. "Hallo Annie!", froh über die Unterbrechung, weil sie viel zu viel gesagt hatte, und mit Annie endlich die Möglichkeit zur Flucht bekam, lehnte sich Renee wieder zurück, um sich auf ihr Gespräch zu konzentrieren.
Als plötzlich jeder für sie herfiel und sich rechtfertigte – oder in Abbys Fall einfach den Rückzug antrat und beleidigt das Gespräch beendete – wusste Maggie gar nicht wie ihr geschah. Sie hatte niemandem einen Vorwurf machen wollen, sondern nur das gesagt, was passiert war: Die beiden hatten nicht aufgepasst und Abby war weggelaufen. Schuld hatte sie daran niemandem gegeben. Aber im Grunde war es wohl auch egal, ob sie das richtig stellte oder nicht. Zumal sie ja auch gar nicht dazu kam, weil Renee sich auch noch einmischte und die Ereignisse des Wochenendes so zusammenfasste, dass es sich so anhörte, als wäre es aus einem schlechten Drehbuch entnommen. Und dazu klang alles so hoffnungslos, dass sie Maggie ernsthaft fragte, warum die drei nicht einfach nach Hause fuhren und den Versuch als gescheitert hinnahmen. Vielleicht weil sie es sich noch nicht eingestehen wollten – abgesehen von Renee, die die Sache ziemlich realistisch sah und ihre Konsequenzen schon gezogen hatte. Was Maggie sogar ziemlich gut und richtig fand. Und es war ja auch genau das eingetreten, was sie anfangs noch prophezeit hatte: Dass es so nicht funktionieren konnte und nicht funktionieren würde. Und daran war nicht die Tatsache schuld, dass das Hotel geschlossen hatte. Aber ihr hatte ja niemand glauben wollen …
Und jetzt mit dem Finger auf alle zeigen oder ihnen eine lange Nase machen wollte sie auch nicht. Warum auch? Das brachte doch eh nicht … Und was Renee dann noch sagte, war sowieso wieder ein anderes Thema und die gnädige Frau Staatsanwältin konnte froh sein, dass sie in dem Moment telefonierte, sonst hätte Maggie ihr ein paar passende Antworten gegeben. Als ob das alles ihre Schuld alleine wäre. Pah! Was bildete sie sich eigentlich ein? Und dass sie keine Fehler zugab oder sich als allmächtig sah, stimmte ja wohl erst Recht nicht. Und was wusste Walcott schon? Was wusste sie schon darüber, wie es war, mit Abby tagein, tagaus umgehen zu müssen, wenn sie so drauf war wie sie momentan drauf war. Nur weil sie knapp 24 Stunden mit ihr verbracht hatte, sah sie sich jetzt als Expertin an? Lachhaft. Einfach nur lachhaft. Und was sollte diese versteckte Drohung? Wenn du jetzt nicht einlenkst, wirst du eines Tages aufwachen und keine Tochter mehr haben … ja, glaubte sie denn, dass sie das nicht wusste? Aber was sollte sie denn tun? Zu allem ja und amen sagen und Abby für jeden Fehler genau so loben wie für das, was sie gut machte? Nur damit es keinen Streit gab und Friede, Freude, Eierkuchen herrschte? Sicher … als ob das ginge. Vielleicht, wenn man so wenig Rückrat hatte wie eine Schlange. Oder wenn einem alle egal waren. Dann vielleicht. Aber sie wollte Walcott mal sehen, wenn ihr Sohnemann in ein paar Jahren anfing, Mist zu bauen, wenn er nicht mehr der süße kleine Fratz war, der einen mit einem niedlichen Lächeln alles vergessen ließ, sondern wenn er gepierct und tatäwiert, rauchend und trinkend nach Hause kam und statt ‚Hi Mom’ nur noch ein ‚Den Fraß ess ich nicht’ zustande brauchte und sich sein sonstiges Kommunikationspotenzial auf Grunzlaute und böse Blicke reduziere – nicht, dass es bei Abby so extrem gewesen war, aber ihr Pipi Langstrumpfverhalten, mit dem sie sich die Welt so machte wie es ihr gefiel, war auch nicht besser … Ja, und auf den Moment freute sie sich schon … wenn sie Walcott dann genau diese Worte an den Kopf werfen konnte, wie sie sie gerade abbekommen hatte. Oh ja, das würde ein Triumpf werden. Und alleine diese Vorfreude – und eben das Telefonat – verhinderten, dass Maggie bremste, den Wagen in Sicherheit brachte und dann mal richtig laut und ausfallen wurde. So aber hielt sie einfach ihren Mund und sagte nichts mehr, sondern blickte starr nach vorne, verzog weder das Gesicht zu einer Grimasse, noch schaute sie besonders freundlich, und konzentrierte sich einfach nur auf die Fahrt.
Garret war ziemlich erstaunt, als aus Renee eine Menge an Frust über das Wochenende heraussprudelte und sie dabei völlig ehrlich mit ihnen allen und mit sich selbst umging. Allerdings hatte er so ihre Hilfe und Unterstützung eigentlich nicht gewollt. Und als sie auch noch umschwenkte und Maggie und Abby einen Rat gab, der alles andere als nett klang, schluckte er schwer, sah mit einem entschuldigenden Blick zu Maggie, die sichtlich unter Renees Worten zu kochen schien, aber überraschend ruhig blieb. Nur war sich Garret nicht sicher wie Renee ihre letzten Worte gemeint hatte. War es ein Rat für sie beide? Hatte sie Abbys Partei ergriffen, und wenn ja, wieso? Gab es da schon wieder Erfahrungswerte in Renees Leben von denen er nichts wusste? Wie ein Bruder, der ungefähr in Abbys Alter selbst drogensüchtig gewesen war? Leider konnte er nicht fragen, weil Renee im selben Moment, als sie so richtig warm gelaufen war, das Gespräch am Handy aufnahm. Mit Annie. Großartig.
Er wusste nicht, was er sagen sollte, um zumindest ein bisschen Schadensbegrenzung zu betreiben daher schwieg er, so wie Abby hinter ihm, von der er nicht viel mitbekommen hatte, seit Renee angefangen hatte zu reden. Er konnte wegen seinen Schmerzen ja nicht einmal mehr nachsehen, was für ein GEsicht sie zog. Wobei, wollte er das wirklich sehen? Nein. Nur was machte er jetzt? LIeß er Maggie und Abby einfach so auseinander gehen, um selbst seine Scherben zusammenzukehren? Doch noch das beste aus allem zu machen? Welche Wahl hatte er schon?
Renee versuchte sich ganz auf Annie zu konzentrieren und zu ignorieren, dass von vorne nur eisiges Schweigen zu vernehmen war und Abby neben ihr sie noch immer ganz verdutzt anstarrte.
"Oh, tut mir leid, wenn wir euch so lange haben warten lassen," sagte Renee, die automatisch davon ausging, dass die beiden deswegen über sie gesprochen hatten. Hoffte sie zumindest. "Aber im Krankenhaus hat es seine Zeit gebraucht und wir waren eben noch einkaufen, bei einer Apotheke... aber ja, es ist alles in Ordnung mit dem Baby, mit mir und selbst mit Garret. Er sitzt hier bei mir im Wagen. Es geht ihm allerdings nicht besonders. Auch wenn er so tut als wäre dem nicht so. Aber das kannen wir ja schon."
Renee kam nicht umhin über Annies leicht erkennbare Nervosität die Stirn zu runzeln. Erklären konnte sie sich diese nicht. Nicht wirklich. Es sei denn sie war erleichtert, wegen den Folgen für David, wenn es Garret besser als angenommen ging. Oder eher umgekehrt, sie war unsicher was er jetzt tun wollte, um es David schwer zu machen. Aber da konnte sie Annie leider auch nicht weiter helfen. "Also ... also wenn du dir Sorgen um David machst...," Renee senkte ein wenig ihre Stimme. Sie wollte nicht unbedingt, dass Garret jedes Wort mitbekam und sich am Ende noch unnötig aufregen musste. "Es geht Garret schon ziemlich schlecht und er hat sich auch noch nicht näher dazu geäußert, ob er ihn nun wirklich anzeigen möchte oder ob er es nur so daher gesagt hat. Er wollte darüber nicht sprechen."
Oh ja, dass hoffte Renee auch. Aber sie würde sich hüten in diese Richtung einfluß auf Garret zu nehmen. Das war seine Entscheidung. Nicht ihre. Sie wäre ihm dankbar, wenn er es nicht täte, schon alleine wegen Davids Verhandlung um das Sorgerecht und ... gut, vielleicht würde sie doch Einfluß auf Garret nehmen. Sie konnte nicht tatenlos daneben stehen und zusehen, wie ihr Freund ihren Bruder um seinen Sohn brachte. Aber das war ein anderes Thema...
"Wie? Eine Leiche?" Irritiert hatte Renee die letzten Worte von Annie registriert und fragte sich im selben Atemzug wieso sie in Bezug auf Jordan so etwas überhaupt fragte... die Antwort wollte sie doch gar nicht wissen.
"Hm..," Garret knete ein wenig nervös die Hände ineinander, während Renee ihr TElefonat führte und Maggie beharrlich schwieg. Er traute sich fast nicht seine Frage zu stellen, aber inzwischen war es wohl egal was er tat, um noch etwas zu retten. Und die paar Minuten Schweigen von eben hatte er zumindest dafür genutzt, um sich seine Worte zurecht zu legen. "Ehm... auf die GEfahr hin, dass man mich schlägt oder aus dem Wagen wirft, aber hat... hat Renee irgendwie recht? Seid ihr beide schon so verfahren in der Situation, dass es kein Umkehren mehr gibt?"
Maggie war mehr als froh, dass sie in Ruhe vor sich hinbrodeln konnte und niemand sie belästigte. Sie wäre auch explodiert und Walcott konnte wirklich froh sein, dass sie telefonierte und somit um eine entsprechende Antwort herumgekommen war. Und Maggie war ebenfalls froh, dass sie um die Reaktion herumkam. Große Lust, während sie den Wagen lenkte und Verantwortung für drei Passagiere trug, eine Grundsatzdiskussion zu führen. Deswegen sah sie auch nur ganz kurz zu Garret, als dieser das Gespräch plötzlich wieder aufgreifen wollte. Zuerst wollte sie ihn einfach ignorieren, aber dann sagte sie doch was. "Was fragst du mich das?" Okay, das war nicht unbedingt sehr geistreich, aber es entsprach trotzdem der Wahrheit. "Du hast doch gerade gehört wie es um uns steht. Die Expertin hat gesprochen. Amen."
"Ob ich damit etwas anfangen kann," fragte Renee verwundert die ein bisschen ein Problem damit hatte, von den Fragen über ihren Zustand umzuschwenken zu einem Mord. "Ich meine... du redest davon, dass der Tote hier gefunden wurde und Jordan natürlich gleich ihre Nase mitten rein stecken musste?," was sie so überhaupt nicht wunderte. Doch dann zog sie die Stirn kraus als ihr wegen des erwähnten Zettels ein sehr unguter Gedanke kam. "Sagte JOrdan Zettel oder eher Notizbuch? Zahlencode?"
"Entschuldige," sagte Garret neben Maggie und verzog enttäuscht das GEsicht. Da wollte er sich bemühen, sich kümmern und bekam gleich wieder eine Abfuhr. Abby mochte seinen Dickkopf geerbt haben, aber woher sie ihre scharfe Zunge und ihre Launen hatte, war ihm auf einmal kein Rätsel mehr. "Ich hab ja nur gefragt, ob etwas daran sein könnte. Und wieso gleich so böse? Renee hat nur gesagt, was sie beobachtet hat... oder es steckt mehr dahinter. So genau weiß ich das auch nicht," letzteres war nur noch ein Gemurmel, weil er befürchtete, dass Maggie es sowieso nicht interessierte.
"Ja, und damit hast du doch schon deine Antwort", sagte Maggie. "Die Expertin hat gesprochen ... ich bin eine schlechte Mutter, ich habe versagt und lege mir immer noch selber Steine in den Weg. Was gibt es da dann noch zu fragen, wenn die Sache schon feststeht. Es ist alles meine Schuld. Punkt. Aus. Fertig." Und wahrscheinlich hätte sie eben einfach Abby freudig in den Arm nehmen sollen, als diese fragte, ob sie ihr Gesellschaft leisten sollte. Denn das tat man scheinbar als perfekte Mutter: Immer nur zurückstecken und eigene Bedürfnisse hinter die der Kinder stellen. Warum denn auch mal an sich denken? Das war doch so was von überflüssig ...
"Milo," stöhnte Renee leise und war sich ziemlich sicher darüber. Welches Buch sollte sonst gemeint sein? Und ein Zufall konnte es wohl auch kaum sein. Wie oft kamen Bücher mit einem Code in so kurzem Zeitabstand vor? Das sie dabei lauter gewesen war, als gedacht, bemerkte sie erst, als Abby sie immer noch ansah, dieses Mal entsetzt.
Verdammt... hätte sie nicht aufpassen können? Nein, nein dafür war sie selbst viel zu nervös, weil so viel mehr noch da mit zusammenhing, nicht nur Abbys Sicherheit.
"Seid ihr euch sicher, dass der Tote ein.. ein FBI-Agent ist," fragte sie dann aber erst einmal, weil sie diese Komponente ziemlich irritierte.
"Oh..," so hatte Maggie also Renees Worte aufgefasst... vielleicht war es besser, wenn er erst einmal nichts mehr dazu sagte, aber irgendwie konnte er das nicht so stehen lassen. "Oh ich glaube nicht, dass dir Renee das zu verstehen geben wollte. Sie hat sich ein wenig unglücklich ausgedrückt, aber für mich klang es eher nach einer Mahnung an euch beide. Na ja gut, vielleicht hätte sie lieber nichts gesagt....," räumte er dann doch ein, als er versuchte sich in Maggies SItuation hineinzuversetzen. Aber er blieb dabei... Renee hatte heute so eine große Verwandlung durchgemacht, dass er nicht glauben konnte, dass sie es irgendwie böse oder gegen Maggie gerichtet gemeint haben konnte.
"Und mit welchem Recht gibt sie uns die Mahnung, Garret?", fragte Maggie, auch wenn es ihr lieber gewesen wäre, er hätte nicht versucht, Renee zu rechtfertigen oder sich eingemischt. So hatte sie noch nur in hm ein Ventil, um ihre Wut loszuwerden. Aber auch welchen Gründen auch immer ... Maggie hatte sich unter Kontrolle und klang sogar verhältnismäßig ruhen. In Anbetracht dessen, dass sie innerlich kochte. "Was gibt ihr das Recht, mir solche Dinge zu sagen und sich einzumischen? So zu tun, als wäre sie allwissend und hätte so viel Erfahrung mit der Erziehung von Kinder? Das macht mich wütend und ich ... ich bin froh, wenn wir gleich da sind. Das kannst du mir glauben."